Bund soll Ländern Geld für marode Schulen geben dürfen
Bildungsgewerkschaft GEW plädiert für Lockerung des Kooperationsverbots und kritisiert Kretschmann scharf
STUTTGART - Der Sanierungsbedarf an Schulen ist groß. Die Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Doro Moritz, präsentierte am Freitag in Stuttgart zwei Gegenmaßnahmen: Entweder müssten große Vermögen und Erbschaften besteuert werden, um damit notwendige Sanierungen und Reparaturen zu bezahlen. Oder dem Bund wird erlaubt, in die Bildung, die allein Ländersache ist, zu investieren. „Zu beidem sagt Ministerpräsident Kretschmann Nein“, kritisierte Moritz. Gemeinsam mit der GEW-Bundesvorsitzenden Marlis Tepe forderte Moritz daher, das sogenannte Kooperationsverbot von Bund und Ländern im Bildungsbereich aufzuheben.
Diese Forderung ist nicht neu. Doch die Unterstützung wächst, wie Tepe sagte. SPD und Linke plädierten bereits dafür, die FDP hat sich bei ihrem jüngsten Bundesparteitag ebenfalls dafür ausgesprochen. Und auch die Bundesgrünen stimmten in großen Teilen zu. Der Grund: Laut GEW liegt der Investitionsbedarf an Schulen deutschlandweit bei 34 Milliarden Euro. Der baden-württembergische Städtetag beziffert den Bedarf fürs Land auf drei bis vier Milliarden Euro. Wie schlecht die Zustände sind, hat die GEW jüngst bei den Schulen im Land erfragt (siehe Kasten).
Bund soll nicht reinregieren
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wehrt sich als erklärter Föderalist aber gegen eine Aufweichung der Zuständigkeiten. Er befürchtet, dass der Bund in die Bildungspolitik des Landes hineinregiert. Und auch der CDU-Landtagsfraktionschef Wolfgang Reinhart erklärte: „Die Hoheit der Länder im Bildungsbereich ist sehr wichtig. Sie darf nicht auf dem Altar von zeitlich beschränkten Unterstützungsleistungen des Bundes geopfert werden.“Zwar nehme das Land gern Bundesgelder und verteile diese weiter. Doch dürfe der Bund nicht einfach den Kommunen, die zumeist Schulträger sind, das Geld geben.
Das Kooperationsverbot wird ein Hauptthema sein, mit dem sich der Gewerkschaftstag der GEW ab heute in Freiburg beschäftigen wird. Zur alle vier Jahre stattfindenden Versammlung kommen diesmal rund 430 Delegierte aus ganz Deutschland nach Freiburg. Der hiesige Landesverband ist mit seinen 50 000 Mitgliedern der größte in der Gewerkschaft, die bundesweit 280 000 Mitglieder zählt. Dieter Salomon (Grüne), Städtetagspräsident und Oberbürgermeister von Freiburg, hat die Landesregierung zudem davor gewarnt, die Digitalisierung zu verschleppen. Es reiche nicht zu warten, bis die von Bundesbildungsministerin Johanna Wanka (CDU) für Ende 2018 in Aussicht gestellten fünf Milliarden Euro für die Digitalisierung an Schulen flössen – davon 650 Millionen in den Südwesten. Der Kommunalverband wünscht sich eine Anschubfinanzierung durch das Land. Nach einem Treffen Salomons mit Kretschmann am Freitag äußerte sich der Städtetag verhalten optimistisch.
Landeschefin Moritz nahm auch die Kommunen als Schulträger in die Pflicht. „Da kann sich der Städtetag nicht komplett zurückziehen.“Da die Landesregierung die Digitalisierung aber als Großthema benannt hat, müsse sie sich engagieren.