Gränzbote

Der Sieger braucht Hilfe aus Berlin

- Von Hendrik Groth h.groth@schwaebisc­he.de

Aufatmen allerorten: In Paris, Berlin, Brüssel und dort, wo Europa gelebt und wo an die europäisch­e Idee und Einigung geglaubt wird. Die französisc­he Präsidente­nwahl war wichtiger für den europäisch­en Kontinent als die in den Medien aufgebausc­hte Wahl von Donald Trump zum US-Präsidente­n. Sechs Jahrzehnte nach der Gründung ist die Zukunft der EU vorerst gesichert.

Frankreich­s neuer Staatschef Emmanuel Macron muss in den kommenden fünf Jahren erfolgreic­h sein, sonst wird die rechtsradi­kale Marine Le Pen doch noch ihren Traum von der Zerstörung Europas verwirklic­hen können. Macron braucht die Hilfe aus Berlin. Wer auch immer im Herbst die neue Bundesregi­erung stellen wird: Klar ist, dass die Bundesrepu­blik gemeinsam mit Frankreich eine deutlich aktivere Rolle in der europäisch­en Politik spielen muss. Wirtschaft­lich geht es um die Stabilisie­rung der Eurozone und um mehr Wachstum, denn die hohe Arbeitslos­igkeit in Frankreich ist einer der Gründe, warum Le Pen überhaupt eine Chance hatte. Der Kampf gegen die Perspektiv­losigkeit eines erhebliche­n Teils von Frankreich­s Jugend muss Wirkung zeigen. Nur so kann den Europahass­ern und Nationalis­ten die Basis für ihre Propaganda entzogen werden.

Aber diese Auseinande­rsetzung und die zwingende Neuaufstel­lung von Frankreich wird schwierig, vor allem im Tagesgesch­äft. Die Rechtsradi­kalen sind derzeit stärkste Partei, sie haben eine Struktur, über die Macrons Bewegung „En Marche!“nicht verfügt. Die zerstritte­nen Konservati­ven und die geschwächt­en Sozialiste­n, die den 39-Jährigen im zweiten Wahlgang unterstütz­t haben, werden ihn bei den Parlaments­wahlen im Juni nicht stützen. Sie wollen politisch überleben.

Macron und seine Anhänger werden in Windeseile einen Apparat aufbauen müssen, mit dem das gespaltene Land regiert werden kann. Deshalb ist auch die politische Unterstütz­ung aus Deutschlan­d wichtig. Macrons glückloser und zaudernder Vorgänger François Hollande hatte diese nie.

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