Der Sieger braucht Hilfe aus Berlin
Aufatmen allerorten: In Paris, Berlin, Brüssel und dort, wo Europa gelebt und wo an die europäische Idee und Einigung geglaubt wird. Die französische Präsidentenwahl war wichtiger für den europäischen Kontinent als die in den Medien aufgebauschte Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten. Sechs Jahrzehnte nach der Gründung ist die Zukunft der EU vorerst gesichert.
Frankreichs neuer Staatschef Emmanuel Macron muss in den kommenden fünf Jahren erfolgreich sein, sonst wird die rechtsradikale Marine Le Pen doch noch ihren Traum von der Zerstörung Europas verwirklichen können. Macron braucht die Hilfe aus Berlin. Wer auch immer im Herbst die neue Bundesregierung stellen wird: Klar ist, dass die Bundesrepublik gemeinsam mit Frankreich eine deutlich aktivere Rolle in der europäischen Politik spielen muss. Wirtschaftlich geht es um die Stabilisierung der Eurozone und um mehr Wachstum, denn die hohe Arbeitslosigkeit in Frankreich ist einer der Gründe, warum Le Pen überhaupt eine Chance hatte. Der Kampf gegen die Perspektivlosigkeit eines erheblichen Teils von Frankreichs Jugend muss Wirkung zeigen. Nur so kann den Europahassern und Nationalisten die Basis für ihre Propaganda entzogen werden.
Aber diese Auseinandersetzung und die zwingende Neuaufstellung von Frankreich wird schwierig, vor allem im Tagesgeschäft. Die Rechtsradikalen sind derzeit stärkste Partei, sie haben eine Struktur, über die Macrons Bewegung „En Marche!“nicht verfügt. Die zerstrittenen Konservativen und die geschwächten Sozialisten, die den 39-Jährigen im zweiten Wahlgang unterstützt haben, werden ihn bei den Parlamentswahlen im Juni nicht stützen. Sie wollen politisch überleben.
Macron und seine Anhänger werden in Windeseile einen Apparat aufbauen müssen, mit dem das gespaltene Land regiert werden kann. Deshalb ist auch die politische Unterstützung aus Deutschland wichtig. Macrons glückloser und zaudernder Vorgänger François Hollande hatte diese nie.