Nicht mehr auf Augenhöhe
Ist der Schulz-Zug gestoppt? Die Frage des Tages lässt sich nicht mit Sicherheit beantworten. Martin Schulz hat der SPD ohne Zweifel wieder Mut gemacht, doch dies zahlt sich bisher nicht bei Wahlen aus. Nach der verlorenen SaarlandWahl wurde die SPD in Kiel zum zweiten Mal ausgebremst. Schulz hat nach einem fulminanten Start mit dem Thema Gerechtigkeit in den vergangenen Wochen national keine großen Themen mehr gesetzt, er ist nur wenig konkret geworden. Das will er heute mit seiner wirtschaftspolitischen Rede ändern, die ein großer Aufschlag werden soll. Vielleicht hätte er sich schon vorher wieder zu Wort melden müssen.
Sicher ist aber auch, dass Schulz nicht für alles verantwortlich ist. Auch nicht dafür, dass der Kieler SPD-Ministerpräsident Torsten Albig in den vergangenen Wochen mehrmals patzte. Sein Interview über sein Privatleben verärgerte viele Frauen. Sein Versprechen, keine Abschiebungen mehr nach Afghanistan vorzunehmen, war für viele SPD-Wähler alles andere als ein Wahlkampfhit. Und Albig hat auch nicht verstanden, sich als Landesvater beliebt zu machen. Allerdings hat er das Land ruhig regiert, Schulden abgebaut und keine großen Fehler gemacht.
Das ganze Ausmaß der Schlappe, einen amtierenden Ministerpräsidenten ohne große Fehler zu verlieren, muss die SPD erst einmal verdauen. Die Sozialdemokraten, die sich nach einer langen Durststrecke vor ein paar Wochen wieder auf Augenhöhe mit der Union wähnten, sind jetzt geschrumpft. Eine Woche vor der für die SPD ungleich wichtigeren Wahl in ihrer Herzkammer Nordrhein-Westfalen ist das kein gutes Vorzeichen.