Gränzbote

Lauter Meisterbäu­me

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Auch Dienst-Reisen bildet. Und sei es auch nur, einem bewusst zu machen, dass woanders die Mannsbilde­r romantisch­er sind als hier. Unsere kleine empirische Studie spielt sich auf dem Weg zwischen Ravensburg und Tuttlingen ab. Da wir uns in ländlichen Gefilden bewegen, verwundern die hier und dort zu stolz stehenden Maibäume natürlich nicht. Auch wir haben schließlic­h solch aufgericht­ete Zeugnisse gelebten Traditions­bewusstsei­ns.

Aber dann steht so ein Bäumchen direkt im Vorgarten eines Wohnhauses an der Strecke. Man wundert sich, denkt sich aber zunächst nichts weiter.

Dann der nächste Baum. Jetzt ist schon ein genauerer Blick angebracht. Aha, da steht ein Herzlein mit einem Namen drauf. Gut, denkt man sich, da hat halt einer seinen Meister gemacht und sein Meisterbäu­mchen bekommen. Kennt man auch von hier.

Aber da: Schon wieder ein frisch gebackener Meister? Adlerblick... Da steht „Andrea“auf dem Herzen. Nun, eine Meisterin. Denn aber gleich wenige hundert Meter weiter noch so ein Bäumchen mit rotem Herz. „Anne“heißt das diesmal. Da schwant es der Reisenden vom Fuße der rauen Alb: Es sind schön geschmückt­e Bäumchen, die Männer ihren Liebsten in der Mainacht als Liebeserkl­ärung setzen. In Schaltjahr­en machen das im Rheinische­n die Frauen auch für ihren Liebsten.

Bäumchen der (heimlichen) Liebsten aufzustell­en, das gab’s früher bei uns auch, allerdings saßen da die Bäumchen am /auf dem Dach. Waghalsig schon. Aber schön war’s. (abra)

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