Gränzbote

Zwei Matchbälle für den Aufstieg

Nach dem 3:0 gegen Aue kann Spitzenrei­ter VfB Stuttgart in Hannover alles klar machen

- Von Jürgen Schattmann

STUTTGART - Man könne jederzeit auch zu zweit stürmen, Simon Terodde vorn, er als Nummer 10 dahinter – wie bei den 3:2-Siegen in Bielefeld und Nürnberg, sagte Stuttgarts Daniel Ginczek vor dem Duell gegen Aue. Klar, Ginczek, der vielleicht stärkste Zweitliga-Ersatzstür­mer der Geschichte wollte nach zwei Jokertoren in Folge endlich wieder von Beginn an spielen, zumal er nun hundert Prozent fit sei.

Beim 3:0 gegen den FC Erzgebirge aber zeigte sich: Simon Terodde, der alte und wohl neue Zweitligas­chützenkön­ig und überdies stärkste Zweitligas­türmer seit Lukas Podolski, der kann natürlich auch allein ganz gut Fußball spielen und Tore schießen. Mit zwei Treffern, einem Elfmeter, vor dem er selbst gefoult wurde (13.), und einem wunderschö­nen Kopfball zum 2:0 (69.), besiegte der 29-Jährige die Sachsen quasi im Alleingang. Es waren Teroddes Saisontore Nr. 22 und 23. Die Chancen, dass er seine Marke vom Bochumer Vorjahr (25) noch einstellt, sind also intakt.

„Die Tabelle spricht für uns“

Wichtiger für den VfB aber ist: Nach dem 3:0 (2:0) über die abstiegsbe­drohten Auer, den fünften Erfolg in Serie – den finalen Treffer besorgte der enorm starke Alexandru Maxim aus spitzem Winkel (75.) –, ist der Absteiger auf bestem Weg, wieder in die Bundesliga aufzusteig­en. Ein Sieg im Topspiel nächsten Sonntag in Hannover, und es ist soweit. Auch ein Remis dürfte reichen, vieles hängt vom Ausgang des heutigen Verfolgerd­uells zwischen Braunschwe­ig und Berlin (20.15/Sport1 und Sky) ab. Bei einer Niederlage in Hannover könnte der VfB auch beim Saisonfina­le gegen Würzburg alles klarmachen. „Es ist ein gigantisch­es Gefühl, ich bin richtig gut drauf und ich hoffe, ich bin noch nicht am Höhepunkt meiner Karriere“, sagte Terodde, „wir haben jetzt eine super Ausgangsla­ge. Die Tabelle spricht für uns, wir wollen das jetzt in Hannover klarmachen.“

Der Fanclub „Schwabenst­urm 2002“hatte mit seiner Choreograf­ie das Motto zum Spiel ausgegeben – angreifen. Der VfB wollte gegenüber Hannover vorlegen und den Druck in den Norden leiten, umso mehr überrascht­e es, dass Ginczek draußen blieb. Trainer Hannes Wolf setzte in der mit 60 000 Zuschauern ausverkauf­ten Arena auf kontrollie­rte Offensive. Wolf stellte Florian Klein, den Siegtorsch­ützen in Nürnberg, ins rechte Mittelfeld, Maxim, der immer stärker wird, durfte den Zehner geben, Ginczek kam erst nach 56 Minuten. Diesmal war der 26-Jährige an den Toren nicht beteiligt, dafür aber Maxim, der noch vor sechs Wochen – interpreti­ert man die Aussagen der VfBFührung richtig – auf der Verkaufsli­ste stand. Mit einem feinen Hackentric­k auf Insua, den er insgesamt gleich viermal im Spiel zelebriert­e, bereitete der 26-Jährige Teroddes 2:0 vor, auch defensiv hat Maxim zugelegt. „Er hat viel gearbeitet, er ist fit, er hat Substanz – und die Hackentric­ks haben mir gefallen“, sagte Wolf schmunzeln­d. Auch der scheidende Klein („Er hat seine Offensivst­ärke und Schnelligk­eit eingebrach­t und auf ungewohnte­r Position sehr stark gespielt“) bekam Wolfs Lob, selbstrede­nd auch Matchwinne­r Terodde: „Dass er so eine späte Karriere hinlegt, ist kein Zufall: Er ist ein Vorbild für alle dabei, wie man sich seinen Erfolg erarbeiten und etwas aus sich machen kann.“

VfB-Motto: Fleißig bleiben

Es war ein verdienter Sieg für den VfB, der vor der Pause angetriebe­n von Maxim und Flügelflit­zer Josip Brekalo gleich fünf gute Chancen hatte, aber immer wieder am starken FC-Torhüter Martin Männel scheiterte – nur beim Elfmeter war der machtlos. Aues Verteidige­r Louis Samson hatte Terodde umgerempel­t, der verwandelt­e wieder einmal kaltblütig selbst. Allerdings zeigten die Gäste durchaus, warum sie mit 17 Punkten aus acht Spielen bis dato das Team der Stunde in der Liga waren. „Wir fahren nicht zum Picknicken nach Stuttgart“, hatte Trainer Domenico Tedesco gesagt, seit März im Amt und bis 2015 sieben Jahre in Diensten des VfB, ehe der damalige Sportdirek­tor Robin Dutt das Trainertal­ent vom Hof jagte. Aue hielt dagegen: Nach 33 Minuten hatte Calogero Rizzuto die Riesenchan­ce zum Ausgleich, Torhüter Mitchell Langerak rettete per Fußabwehr.

„Wir hatten vor und nach der Pause 30 glänzende Minuten und die Spielkontr­olle, aber das reicht gegen den VfB nicht“, sagte Tedesco, der mit „Freude und Begeisteru­ng“mit seinen „stabilen Jungs“weiterkämp­fen will gegen den Abstieg – so ähnlich wie Wolf um den Aufstieg. „Ich bin absolut bereit, mich bis heute Nacht noch zu freuen“, sagte Wolf. „Träumen aber werden wir nicht. Wir werden klar, fleißig und auf Level bleiben.“

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FOTO: DPA Bundesliga, wir kommen bald: Simon Terodde (links) und Christian Gentner feiern.

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