„Ich bin genauso viel Kunstfigur wie jeder andere“
Sänger und Youtube-Star Alexander Marcus über das Bedürfnis, alles in Schubladen zu stecken
Der selbsternannte King der Electrolore, Alexander Marcus, hat Ende April ein neues Album veröffentlicht. „10 Jahre Electrolore“sei ein „Greatest-HitsPaket als Dankeschön für die Fans“geworden. Im Interview mit Lea Hüttenhofer erzählt er von seinen Anfängen und erklärt, was es mit seiner Musik auf sich hat.
Kannst du kurz beschreiben, wer Alexander Marcus ist?
Also ich würde sagen ich bin Musiker und Entertainer. Meine Musik nennt sich Electrolore. Elektronische Folklore.
Wie kam es zur Electrolore?
Das hat sich selbst ergeben. Ich mochte Musik schon immer, hab auch schon immer welche gemacht. Vor allem Electro, House und ClubMusik. Als Kind habe ich Schlager und Neue Deutsche Welle gehört. Weil meine Stimme einfach ein bisschen schlageresk ist, hab ich rumprobiert. Die ersten ElectroloreSongs waren einfach etwas Neues. Etwas, das es noch nie gab.
Hast du am Anfang damit gerechnet, dass deine Youtube-Videos so ein Erfolg werden?
Am Anfang dachte ich mir schon, das müsste ziemlich große Wellen schlagen. Das war ja ganz am Anfang von Youtube. Ich war damals der erste Youtube-Star in Deutschland. Es hat mich jetzt nicht groß gewundert, aber die Resonanz war schon krass.
Alexander Marcus wird in den Medien immer wieder als Kunstfigur dargestellt – du wehrst dich strikt dagegen. Wieso?
Weil mich das ein bisschen nervt. Alle Leute, die auf der Bühne stehen, lassen dort bestimmte Facetten ihrer Person raus. Man ist privat immer anders, als auf der Bühne. Bei mir wird dann das Wort Kunstfigur verwendet. Dabei finde ich, ich bin genauso viel Kunstfigur wie jeder andere auch. Ich gebe nur nicht so viel preis wie andere.
Stimmt, über deine Biografie findet man recht wenig.
Das liegt auch daran, dass ich den Willen der Leute, jemanden einzuordnen oder etikettieren zu wollen, unterschätzt habe. Ich dachte, ich könnte das einfach so stehen lassen. Da ist jemand, der Musik macht, die man nicht so ganz einordnen kann. Das ist anscheinend nicht okay. Man muss eine Schublade für denjenigen haben.
Nimmst du dich selbst hundertprozentig ernst?
Ich nehme mich nicht besonders ernst. Es gibt viel zu viele Leute, die sich zu ernst nehmen. Das hat auch etwas Komisches.
Ist es ein Problem, wenn manche deine Musik zu ernst nehmen?
Vielleicht. Manche Künstler machen politische oder gesellschaftskritische Texte und stimulieren den Verstand. Wer das bei mir erwartet, ist falsch. Da geht es um das Gegenteil. Alles loszulassen. Den ganzen Ballast im Kopf.
In einer Rezension, wurde dein Album als „Musik zum kollektiven Kopfabschalten“bezeichnet. Ist es das?
Ja, eigentlich schon. Es ist nicht nett gemeint gewesen, aber ich sehe es als Kompliment.
Wie kommst du zu deinen Songund Videoideen?
Das sind Sachen, die mir zufliegen. Ich mache für jedes Album 60 bis 70 Songs. Und die Songs, die auf das Album kommen, sind mir einfach eingefallen. Manche im Halbschlaf, im Traum oder unter der Dusche.
Du bist auch für deinen Tanzstil bekannt. Hast du einen Choreografen?
Nein, das habe ich mir selbst beigebracht.
Warst du schon immer ein guter Tänzer?
Keine Ahnung. Früher hab ich gern gebreakdanced und Michael-Jackson-Schritte gemacht. Irgendwann hab ich gemerkt, dass es auch zu der Musik passt, die ich mache.
Mit „Glanz und Gloria“hast du wahrscheinlich einen der günstigsten Kinofilme aller Zeiten gedreht. Wie hast du das geschafft?
Über Crowdfunding, das war damals ganz neu. Fans konnten sich zum Beispiel eine Sprechrolle erkaufen. Dadurch, dass viele dabei waren, die eigentlich gar nicht in die Story gepasst haben, hat sich auch ein gewisser Charme entwickelt.
Hast du Lust Film? auf einen weiteren
Ja, sehr. Oder sogar eine Serie.
Wieder über Crowdfunding?
Keine Ahnung. Wahrscheinlich wird die Filmförderung mich und meine Sachen eher nicht so lustig finden. Aber vielleicht ergibt sich etwas über Produktplatzierungen. Dann trinken halt alle Darsteller irgendeine bestimmte Brause.
Deine neue Single „Schwachkopf Manfred“wurde stark diskutiert. Worum geht es dir mit dem Song?
Eigentlich ist es die Geschichte eines Dorfbewohners, der es nicht leicht hatte. Und die hat etwas von einer folkloristischen Sage. Eigentlich eine traurige Ballade. Dass meine Songs diskutiert werden und die Meinungen stark auseinandergehen, passiert oft. Viele handeln von Leuten, die ausgegrenzt werden. Ich solidarisiere mich eigentlich mit denen, die nicht zur Masse passen.
Nach zehn Jahren Electrolore: Wo siehst du dich in zehn Jahren?
Ich hoffe, dass ich dann immer noch am Start bin und mich die Muse weiterhin küsst. Ich schaue mir gern Rolling-Stones-DVDs an. Dann sehe ich Mick Jagger und denke, alles klar ich habe noch Zeit.