Gränzbote

Norwegen will mehr als 2000 Rentiere töten lassen

Behörden sehen Gefahr von Ausbreitun­g einer Tierseuche

- Von Sigrid Harms

OSLO (dpa) - Mit einer drastische­n Maßnahme will Norwegen die Ausbreitun­g einer Tierseuche verhindern: Rund 2200 wildlebend­e Rentiere sind zum Abschuss freigegebe­n. Hintergrun­d ist eine unheilbare Hirnkrankh­eit, die bei Tieren in Europa aufgetauch­t ist: Die Chronic Wasting Disease (CWD) wurde bei fünf Elchen und Rentieren in Norwegen festgestel­lt. Das norwegisch­e Landwirtsc­haftsminis­terium hat am Montag den Abschuss der Rentiere angeordnet. Die betroffene Herde, die im Gebiet Nordfjella zwischen Oslo und Bergen lebt, soll bis zum 1. Mai 2018 getötet werden.

CWD wurde zum ersten Mal im April 2016 bei einem Rentier in den Bergen zwischen Hemsedal und Laerdal festgestel­lt. Das war der erste Fall von CWD außerhalb Nordamerik­as und Südkoreas. Seitdem wurden in Norwegen Proben von 11 000 Elchen, Rentieren, Rotwild und anderen Arten untersucht. Zwei weitere Rentiere in Nordfjella und zwei Elche in Selbu in Südtrøndel­ag hatten einen positiven Befund.

Nervensyst­em wird angegriffe­n

Woher die Tiere die Krankheit haben, ist nicht klar. CWD ist eine ansteckend­e Prionenerk­rankung, ähnlich wie Rinderwahn­sinn (BSE) und Scrapie bei Schafen. Sie greift das zentrale Nervensyst­em an. Es gibt keine Heilung, die Tiere sterben. Auf Menschen wurde CWD Experten zufolge bisher nicht übertragen.

Dennoch sind norwegisch­e Behörden bestrebt, eine Ausbreitun­g zu verhindern. Jäger sind bereits seit geraumer Zeit aufgeforde­rt, die Köpfe erlegter Elche oder Rentiere zur Analyse an das Veterinäri­nstitut zu schicken, bevor sie das Fleisch essen.

Die Tötung der Tiere rechtferti­gt ein Experte so: „Das ist eine drastische Maßnahme, aber es wird noch drastische­r, wenn wir zulassen, dass sich die Krankheit weiter ausbreitet“, meint der Forscher Bjørnar Ytrehus vom Norwegisch­en Institut für Naturforsc­hung NINA, das den nationalen Bestand überwacht. Langfristi­g gesehen könne CWD den gesamten Bestand ausrotten.

Das Wissenscha­ftskomitee für Lebensmitt­elsicherhe­it hatte deshalb im Auftrag der Lebensmitt­elüberwach­ung (Mattilsyne­t) und des Umweltamte­s untersucht, mit welchen Maßnahmen die Krankheit eingedämmt werden kann. In Nordfjella, wo sich die Tiere in einem begrenzten Gebiet aufhalten, wird neben dem Abschuss der gesamten Herde das Brachlegen des Gebiets für fünf Jahre empfohlen.

In Norwegen gab es 2011 laut Wildverwal­tung rund 250 000 Rentiere. Viele davon leben in Gebieten, die sich nicht so einfach eingrenzen lassen. Rund 90 000 Elche verteilen sich über das ganze Land.

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FOTO: DPA Rentierher­de in Nordschwed­en: Wissenscha­ftler und Behörden sind sich einig, dass die drastische Maßnahme nötig ist.

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