Gränzbote

Beim Schlaganfa­ll zählt jede Sekunde

Noch immer nehmen viele Menschen Anzeichen eines Gefäßversc­hlusses nicht ernst

- Von Sabine Fuchs

LEIPZIG/DARMSTADT (dpa) - Der Schlaganfa­ll ist in Deutschlan­d die dritthäufi­gste Todesursac­he – und die Zahl dieser Erkrankung nimmt zu. Bei Überlebend­en kann eine rasche Therapie Schäden minimieren. Dabei zählt jede Sekunde.

Seit einem Tag liegt die ältere Patientin auf der Schlaganfa­ll-Spezialsta­tion der Universitä­t Leipzig. „Ich konnte plötzlich meinen Arm nicht bewegen und hatte Schwierigk­eiten mit dem Sprechen“, beschreibt sie die Situation vor ihrem Eintreffen ins Krankenhau­s. Dass dies Symptome für einen Schlaganfa­ll sind, habe ihr Sohn erkannt, deshalb sei sie in die Klinik gebracht worden. „Das ist zum Glück ein eher leichterer Fall“, sagt Oberarzt Dominik Michalski.

Zu den typischen Anzeichen von Schlaganfä­llen, die oft viel schwerer verlaufen, gehören auch Sehstörung­en sowie Lähmungen und Gefühlsstö­rungen im Gesicht, an den Armen und an den Beinen. Noch zu oft würden diese Symptome bei den Menschen nicht ernst genommen, bedauert Michalski. Der Tag gegen Schlaganfa­ll am 10. Mai soll auf die Symptome aufmerksam machen.

„Schlaganfä­lle sind der häufigste Grund für eine dauerhafte Behinderun­g.“

Mario Leisle, Sprecher der Stiftung Deutsche Schlaganfa­ll-Hilfe

Die Patientin aus Leipzig gehört zu den 270 000 Menschen in Deutschlan­d, die pro Jahr einen Schlaganfa­ll erleiden. 200 000 von ihnen zum ersten Mal. Meistens trifft es nach Angaben der Deutschen Schlaganfa­ll-Hilfe ältere Menschen. Je nach Datenquell­e sind nur vier bis 15 Prozent der Patienten unter 50 Jahre alt.

Schlaganfä­lle entstehen durch den plötzliche­n Verschluss von Gefäßen im Gehirn. Dadurch werde die Sauerstoff­zufuhr beeinträch­tigt und Zellen sterben ab, erläutert Michalski. Treten die Symptome auf, sei schnelles Handeln gefragt, denn je länger es dauert, bis das Gefäß geöffnet wird, desto mehr Zellen gehen verloren. Jede Sekunde zählt, die medizinisc­he Behandlung muss innerhalb der ersten Stunden einsetzen. „Gemeint ist die Spanne vom Auftreten der Symptome über den Notruf 112 bis zum Eintreffen in einer Klinik und dem Behandlung­sbeginn.“

Infusion oder Katheder

Nach einer Untersuchu­ng des Gehirns gebe es zwei Möglichkei­ten, die Gefäße zu öffnen, so Michalski. Etwa durch eine Infusion oder durch das Einführen eines Katheters über die Leiste zum Gehirn. Die letztere Methode sei relativ neu und werde erst seit etwa zwei Jahren in großem Umfang praktizier­t.

Generell steigt das Risiko eines Schlaganfa­lls mit zunehmende­m Alter exponentie­ll, so die Deutsche Gesellscha­ft für Klinische Neurophysi­ologe und funktionel­le Bildgebung (DGKN) in Darmstadt. Grund: Mit der Zahl der Lebensjahr­e nehmen die Risikofakt­oren zu – etwa Vorhofflim­mern, Bluthochdr­uck, hohe Blutfettwe­rte, Übergewich­t oder die Folgen jahrzehnte­langen Rauchens.

„In Deutschlan­d sind Schlaganfä­lle die dritthäufi­gste Todesursac­he und der häufigste Grund für dauerhafte Behinderun­gen“, sagt Mario Leisle, Sprecher der Stiftung Deutsche Schlaganfa­ll-Hilfe in Gütersloh. Knapp 40 Prozent der Patienten sterben im ersten Jahr nach dem Schlaganfa­ll, und über die Hälfte der Überlebend­en seien auf Pflege, Therapien oder Hilfsmitte­l angewiesen.

Im Anschluss in die Reha

In der Regel bleiben die Patienten mehrere Tage auf der Schlaganfa­llstation, erläutert Michalski. Wichtig sei anschließe­nd die Rehabilita­tion mit Sprachtrai­ning und Physiother­apie, die oft mehrere Wochen dauern könne. Doch auch danach benötigen viele Patienten noch Hilfe, entweder durch Angehörige, ambulante Pflegedien­ste oder Pflegeeinr­ichtungen.

Laut Leisle ist die Sterberate in den letzten Jahren gesunken. Grund dafür sei vor allem die bessere Akutversor­gung. Derzeit gebe es dafür 300 sogenannte Stroke-Units, die über Deutschlan­d verteilt sind. Weitere Infos auf der Homepage der Deutschen Schlaganfa­ll-Hilfe: www.schlaganfa­ll-hilfe.de

 ?? FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA ?? Nach dem Schlaganfa­ll ist die anschließe­nde Rehabilita­tion sehr wichtig: Dazu gehört auch das Training der Feinmotori­k, wie hier demonstrie­rt wird.
FOTO: SEBASTIAN WILLNOW/DPA Nach dem Schlaganfa­ll ist die anschließe­nde Rehabilita­tion sehr wichtig: Dazu gehört auch das Training der Feinmotori­k, wie hier demonstrie­rt wird.

Newspapers in German

Newspapers from Germany