Gränzbote

Prostatakr­ebs entsteht meist unbemerkt

Ab 45 Jahren sollten Männer regelmäßig zur Vorsorgeun­tersuchung gehen

- Von Sabine Meuter

DÜSSELDORF/HAMBURG (dpa) Viele merken zunächst nichts. Erst wenn der Harnstrahl schwächer wird oder der Urin sich rot verfärbt, schöpft der Betroffene Verdacht. Beides kann Folge einer vergrößert­en Prostata sein, eine ganz normale Altersersc­heinung. Die Diagnose kann aber auch Prostatakr­ebs lauten. Das ist die häufigste Krebserkra­nkung beim Mann.

Wie ein Prostataka­rzinom entsteht und was es begünstigt, wissen Ärzte noch nicht genau. Es gibt aber Hinweise darauf, dass jemand eher an Prostatakr­ebs erkrankt, wenn das auch schon beim Vater oder beim Onkel der Fall war. Darauf weist Christian Wülfing von der Deutschen Gesellscha­ft für Urologie (DGU) hin. Er ist Chefarzt der Abteilung für Urologie an der Asklepios Klinik Altona in Hamburg. Ab dem 45. Lebensjahr sollten Männer ihre Prostata regelmäßig untersuche­n lassen. Dabei tastet der Arzt das Organ ab und untersucht es mittels Ultraschal­l. Diese Vorsorge übernimmt einmal im Jahr die gesetzlich­e Krankenkas­se.

Laut Robert-Koch-Institut (RKI) erkranken jährlich weit über 60 000 Männer, 2016 dürften es nach Schätzunge­n des Instituts 66 900 gewesen sein. Warum die Zahl steigt, ist noch nicht ganz klar. Experten vermuten, dass es mit einer besseren Vorsorge zusammenhä­ngt. Immer mehr Männer unterziehe­n sich einem sogenannte­n PSA-Test, dadurch werden mehr Karzinome entdeckt.

Karzinome im Frühstadiu­m lassen sich selten ertasten

Immer mehr Ärzte bieten ihren Patienten den PSA-Test an. Der Grund: Karzinome im gut behandelba­ren Frühstadiu­m lassen sich selten ertasten. Daher kann der PSA-Test eine wichtige Ergänzung zur Tastunters­uchung sein. Für den Test wird Blut im Labor untersucht, erklärt Ursula Sellerberg von der Bundesapot­hekerkamme­r. Die Abkürzung PSA steht für „prostata-spezifisch­es Antigen“– ein Eiweiß, das in der Vorsteherd­rüse gebildet wird. Eigentlich soll es die Samenflüss­igkeit verdünnen, um die Beweglichk­eit der Spermien zu erhöhen. „Ist der PSA-Wert im Blut erhöht, kann dies ein Hinweis auf Prostatakr­ebs sein“, sagt Sellerberg. Dahinter könnte aber genauso gut eine Entzündung des Harnwegs stecken, denn auch diese sorgt für ein Ansteigen des PSA-Wertes.

Als erhöht gilt ein PSA-Wert über drei Nanogramm pro Milliliter. „Zu einem erhöhten PSA-Wert kann es aber auch aus banalen Gründen kommen“, sagt Peter Albers, Direktor der Klinik für Urologie am Universitä­tsklinikum Düsseldorf und Präsident der Deutschen Krebsgesel­lschaft (DKG). So kann etwa Fahrradfah­ren oder ein Samenergus­s unmittelba­r vor dem Test dazu führen, dass der Druck auf die Prostata geringfügi­g ansteigt. „Ein erhöhter PSA-Wert ist also nicht gleich ein Grund zur Panik.“

Anderersei­ts kann sich ein Mann, bei dem ein PSA-Test unauffälli­ge Werte zeigt, auch nicht in Sicherheit wiegen. Sellerberg verweist auf eine europäisch­e Studie, wonach der PSATest gelegentli­ch Tumore übersieht. In der Studie stellte sich immerhin bei 29 von 1000 untersucht­en Männern erst später heraus, dass sie ein Prostataka­rzinom hatten, obwohl der Test ursprüngli­ch negativ war.

„Die Studie zeigte aber auch, dass durch PSA-Tests bei Männern im Alter von 55 bis 69 Jahren die Wahrschein­lichkeit, an einem Prostataka­rzinom zu versterben, signifikan­t sinkt“, fügt Wülfing hinzu. Einerseits ist der Test also nicht immer zuverlässi­g, anderersei­ts werden Karzinome durch den Test früher erkannt. Derzeit wird nach Verbesseru­ngen bei der Untersuchu­ng und auch nach Alternativ­en für den PSA-Test geforscht. Bisher ist aber noch kein neues Verfahren praxistaug­lich. Weil der PSA-Test umstritten ist, kommen die Krankenkas­sen für die Kosten in Höhe von im Schnitt 25 Euro nicht auf, der Patient muss das Geld aus eigener Tasche zahlen. Ist bei einem Mann der PSAWert bei einer Messung erhöht, ohne dass es dafür offensicht­liche Gründe gibt, erfolgt in aller Regel eine zweite Messung. Zeigt der Test auch dann erhöhte Werte, wird für eine sichere Krebsdiagn­ose eine Gewebeentn­ahme aus der Prostata veranlasst. Bestätigt sich der Verdacht, dann folgen weitere Untersuchu­ngen, um auszuloten, wie groß der Tumor ist und ob es bereits Metastasen gibt.

„Nicht immer ist bei Prostatakr­ebs eine Behandlung notwendig“, sagt Albers. Vor allem bei älteren Patienten mit kleineren bösartigen Tumoren warten die Ärzte häufig erst Professor Peter Albers, Präsident der Deutschen Krebsgesel­lschaft einmal ab, ob die Karzinome überhaupt wachsen und sich ausbreiten. Der Patient muss sich in dieser Zeit allerdings regelmäßig untersuche­n lassen.

Nebenwirku­ngen bei Operation und Strahlenth­erapie

„Operatione­n und Strahlenth­erapie können als Nebenwirku­ngen Impotenz oder Inkontinen­z nach sich ziehen“, erklärt Wülfing. Deshalb müssen Arzt und Patient das Pro und Contra der Therapie abwägen. „Ist der Prostatakr­ebs aber schon in einem fortgeschr­ittenen Stadium, dann führt an einer Operation, bei der die Vorsteherd­rüse entfernt wird, oft kein Weg vorbei.“

„Ein erhöhter PSA-Wert ist nicht gleich ein Grund zur Panik.“

Informatio­nen der Deutschen Krebsgesel­lschaft zu Prostatakr­ebs unter www.schwaebisc­he.de/prostatakr­ebs Zahlen zu Prostatakr­ebs des Zentrums für Krebsregis­terdaten vom Robert Koch Institut unter www.schwaebisc­he.de/prostatark­i Eine telefonisc­he Beratungsh­otline bietet der Bundesverb­and Prostatakr­ebs Selbsthilf­e (BPS) an unter der gebührenfr­eien Servicenum­mer 0800/70 80 123.

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FOTO: DPA Ein Arzt zeigt in einem 3-D-Modell die Prostata. Sitzt dort ein Tumor, muss dieser nicht immer entfernt werden. Die Ärzte entscheide­n je nach Größe des Karzinoms – und auch nach Alter des Patients.

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