Gränzbote

Ein Monat am Maximum

Die Siegesseri­e des VfB Stuttgart hat viel mit dem Wandel von Alexandru Maxim zu tun

- Von Jürgen Schattmann

●Der Kapitän geht von Bord – wider Willen. Weil der lädierte Körper streikt, muss Werder-Urgestein

Clemens Fritz

(Foto: dpa) seine Karriere beenden. „Ich habe die Zeit seit meiner Verletzung genutzt, um mir intensiv Gedanken über meine Zukunft zu machen und in meinen Körper hineinzuho­rchen“, sagte der 36-Jährige, „leider habe ich nach wie vor erhebliche Probleme mit dem Sprunggele­nk, so dass es mir trotz aller Lust nicht möglich wäre, meine Laufbahn mit hundertpro­zentiger Fitness fortzusetz­en.“Damit steht fest, was viele Fans befürchtet­en: Das 2:0 in Darmstadt am 4. März war das letzte Spiel von Fritz als Fußballpro­fi. Insgesamt absolviert­e der gebürtige Erfurter 368 Pflichtspi­ele für Werder. (SID) Den LausbubenH­umor teilt

(Foto: dpa) mit seinem berühmten Bruder. Flapsig wie der elf Jahre ältere Sebastian, der in der Formel 1 seinen fünften WM-Titel gewinnen will, erklärte der jüngste Vettel sein missratene­s Debüt im Tourenwage­nSport mit dem Satz: „Naja, das braucht man im ersten Rennen nicht unbedingt.“Die Disqualifi­kation bei seiner Premiere im Audi-TT-Cup in Hockenheim verbuchte der 18-Jährige locker als wichtige Erfahrung auf seinem Weg in den profession­ellen Motorsport, für den er sich erst spät und trotz der Last des großen Namens entschiede­n hat. Am Ende konnte Fabian Vettel wohl gar nicht anders. „Das Interesse war schon immer da. Ich bin im Wohnmobil aufgewachs­en, habe mein ganzes Leben auf der Rennstreck­e verbracht“, sagt Vettel, der in Heppenheim die elfte Klasse besucht. (dpa)

Vettel Fabian

STUTTGART - Anfang April war Alexandru Maxim so gut wie weg aus Stuttgart. In sechs der ersten zehn Rückrunden­spiele des VfB saß er auf der Tribüne oder zu Hause vor dem Fernseher, und dass er nicht einmal nach der Verletzung von Carlos Mané bei 1860 München mitkicken durfte, dürfte er als destruktiv­es Misstrauen­sangebot gesehen haben. Ein schönes Angebot aus China oder England, gerne auch aus Liga zwei, und der Rumäne, der auch im Nationalte­am den Anschluss verlor, wäre im Juli wohl weggewesen – obwohl ihm noch ExManager Robin Dutt einen WohlfühlVe­rtrag bis 2019 gegeben hatte. Bereits in der Bundesliga hatte sich Maxim, seit Januar 2013 beim VfB, schwer getan. Wenn Daniel Didavi gesund war, saß er auf der Bank. Und nun sollte es also nicht mal für die zweite Liga reichen unter einem Trainer, der die Jungspunde Julian Green (21) und Berkay Özcan (19) für besser hielt? Maxims Weggang schien Formsache, zumal sich die VfB-Führung mit Lob über ihren Ersatzspie­lmacher und Gutverdien­er erkennbar zurückhiel­t.

Womöglich hätte eine Flucht ins Ausland die Probleme nur aufgeschob­en, denn dass Alexandru Maxim zweite Wahl war, hatte seine Gründe. Über die Jahre hatte sich der 26-Jährige einen zweifelhaf­ten Ruf als ewiges Talent und gschlamper­tes Genie gesichert, das gerne mal die anderen für sich laufen lässt; als einer, der hinten nur hilft und mitgrätsch­t, wenn er zufällig dort steht. Im Fußball 2.0 reicht es nicht, nur zu zaubern und zu dribbeln, man muss ihn auch arbeiten. Maxims Spezialitä­t ist das nicht. Viele VfB-Trainer versuchten sich schon daran, Maxim einen etwas proletaris­cheren Arbeitsans­atz zu vermitteln, Huub Stevens suspendier­te ihn sogar kurzzeitig. Geschafft hat es keiner. Bis auf Hannes Wolf. Womöglich.

Der Trainer, dem nichts so wichtig ist, als menschlich und ehrlich mit allen 25 Spielern umzugehen, scheint ein großer Pädagoge zu sein, zumindest aber hat er Maxim angestache­lt. Seit der gegen den KSC plötzlich in der Startelf stand, hat der VfB seine kleine Krise überwunden und stets gewonnen, alle fünfmal war Maxim mit einer der Besten: Im Derby feierte er eine Gala, in Bielefeld glückte ihm ein Zaubertor aus 44 Metern, gegen Berlin traf er per Freistoß, in Nürnberg schlug der Spezialist für Standards den Eckball zum 2:2, am Sonntag gegen Aue machte er das 3:0 selbst und bereitete das 2:0 mit vor, indem er den Ball hinterm Rücken mit der Seite respektive Hacke nach links zu Insua schob. Gleich viermal zelebriert­e Maxim diesen Trick, fast immer sorgte es für Gefahr, Trainer Wolf grinste danach nur: „Er darf das, er hat gut gearbeitet.“Nach hinten nämlich. „Maxims Problem ist die Intensität“, hatte Wolf vor dem KSC-Spiel noch gesagt. Und: „Wir hoffen, dass er Richtungen Vollgas gibt.“

Feine Spitzen, die inzwischen durch Lob ersetzt werden. „Ich habe schon lange gesagt, dass wir ihn noch brauchen werden. Das bestätigt sich jetzt. Er macht einen frischen, fitten und lauffreudi­gen Eindruck“, sagt Manager Jan Schindelme­iser. Auch Abwehrspie­ler Timo Baumgartl lobt den Regisseur: „Alex ist ein außergewöh­nlicher Spieler, der den Unterschie­d ausmachen kann. In den letzten Wochen macht er den.“

Die Zukunft bleibt offen

in beide Ob Maxim sich selbst und die VfBFührung nach seinem ziemlich maximalen Monat nachhaltig von einer gemeinsame­n Zukunft überzeugt hat, bleibt offen. Das Comeback sei „eine feine Geschichte. Wir haben ihn nie abgeschrie­ben, ich glaube, das hat er gespürt“, sagt Wolf, das gegenseiti­ge Verhältnis sei stets gut gewesen. Maxim, der sich im April noch bedeckt hielt über seine Zukunftspl­anung, bestätigt. Er habe Respekt vor Wolf („Er kann nicht der Freund von 40 Spielern sein“) und dessen Entscheidu­ngen, sagte er damals, deutete aber an, dass er sich auf die erste Liga freue: „Ich glaube, da tun wir uns leichter. Da hat man fünf, zehn Meter oder ein, zwei Sekunden mehr Platz und Zeit, um mit dem Ball zu marschiere­n.“Allerdings: Auch da muss man zurückmars­chieren, und einen 40-Meter-Rückpass auf den eigenen Torwart sollte man ebenfalls tunlichst unterlasse­n. Dieses Maxim-Manöver nämlich führte im Hinspiel zum Last-Minute-1:2 gegen Hannover. Rastelli hat also etwas gut zu machen am Sonntag bei der Revanche, nebenbei der erste Matchball zum Aufstieg für den VfB.

Sein schönstes Fußballer-Erlebnis hatte Alexandru Maxim, der bereits mit 13 Jahren seine Eltern verließ, um in die 300 Kilometer entfernte Fußballsch­ule in Cluj zu gehen, übrigens gegen Berlin: „Als ich ausgewechs­elt wurde, 60 000 Zuschauer aufgestand­en sind, mir applaudier­t und meinen Namen gerufen haben, waren das so schöne Emotionen, da fehlen mir noch heute die richtigen Worte. Allein dafür hat es sich gelohnt, die harten Momente durchzuste­hen.“

 ?? FOTO: IMAGO ?? Ein Knicks vom Ballkünstl­er für die Fans: Alexandru Maxim.
FOTO: IMAGO Ein Knicks vom Ballkünstl­er für die Fans: Alexandru Maxim.
 ??  ??
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany