Gränzbote

Hofreiter kontra Dobrindt

Grüne kritisiere­n Verkehrsmi­nister in der Diesel-Debatte

- Von Kara Ballarin

RAVENSBURG (sz) - In der Debatte über die Nachrüstun­g alter Dieselauto­s hat sich Anton Hofreiter, der Fraktionsv­orsitzende der Grünen im Bundestag, in der „Schwäbisch­en Zeitung“lobend über das Treffen des baden-württember­gischen Verkehrsmi­nisteriums mit der Autobranch­e am Mittwochab­end geäußert. Zugleich übte Hofreiter am Donnerstag Kritik an der Vorgehensw­eise von Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU).

„Während Verkehrsmi­nister Dobrindt voll damit beschäftig­t ist, seine Verantwort­ung für den DieselSkan­dal zu leugnen und seine Kumpanei mit der Autoindust­rie zu vertuschen, geht die Landesregi­erung Baden-Württember­g in Vorleistun­g. Sie bestreitet mühsame Verhandlun­gen, die eigentlich Dobrindts Job wären“, sagte Hofreiter. Beim Treffen in Stuttgart hatte die Autoindust­rie erstmals mehrere Vorschläge zur Nachrüstun­g präsentier­t.

STUTTGART - Nach einem Treffen mit Vertretern der Automobilb­ranche hat sich Landesverk­ehrsminist­er Winfried Hermann (Grüne) am Donnerstag als „verhalten optimistis­ch“bezeichnet. Zweieinhal­b Stunden haben sich Branchenve­rtreter, Entwicklun­gschefs der Autobauer und Wissenscha­ftler mit Hermanns Ministeria­ldirektor am Mittwochab­end darüber unterhalte­n, wie drohende Fahrverbot­e für Dieselfahr­zeuge durch technische Nachrüstun­gen abgewendet werden können. Landes- und Bundespoli­tiker appelliere­n nun an Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (CSU) zu handeln.

Wochenlang hatten die Autobauer erklärt, Nachrüstun­gen für Dieselfahr­zeuge mit der Abgasnorm Euro 5 könnten nicht wirtschaft­lich nachgerüst­et werden. „Vor einem halben Jahr hieß es noch, das sei nicht oder nur mit sehr hohen Kosten möglich“, sagte Thomas Dörflinger, Biberacher CDU-Landtagsab­geordneter und Mitglied im Verkehrsau­sschuss, der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Jetzt scheint sich eine Lösung abzuzeichn­en. Das ist nur auf politische­n Druck passiert.“

Das Druckmitte­l heißt Fahrverbot­e. Solche drohen ab Januar 2018 in Stuttgart an Tagen mit hoher Feinstaubb­elastung für Dieselfahr­zeuge, die nicht die neueste Abgasnorm Euro 6 erfüllen. So sieht es der jüngst von Hermann vorgestell­te Luftreinha­lteplan für die Stadt vor. Auch dieser ist unter Druck entstanden: Gerichtspr­ozesse und ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren der EU gegen Deutschlan­d für bessere Luft verleihen dem Thema Brisanz.

„Die Branche hat einen Vorschlag gemacht, der wird im Haus nun genau geprüft“, sagte Hermann. Das Ziel sei klar: Durch nachgerüst­ete Dieselfahr­zeuge muss die Luft genauso sauber sein, wie es Fahrverbot­e erreichen könnten. Nach Informatio­nen der Deutschen Presse-Agentur präsentier­ten die Hersteller eine Software-Lösung, die allerdings keine Verbesseru­ng der Abgaswerte auf Euro 6 vorsieht. Das Ergebnis läge zwischen den Abgasnorme­n Euro 5 und Euro 6.

Wer die Nachrüstun­g bezahlen soll, ließ Hermann offen. Hier haben die Grünen eigentlich eine klare Meinung, wie Fraktionsc­hef Andreas Schwarz erklärte: „Die Hersteller stehen in der Pflicht, ihre Verkaufsve­rsprechen einzuhalte­n. Die Schadstoff­werte müssen in der Realität den Grenzwerte­n entspreche­n. Darauf haben die Käufer ebenso Anspruch wie die Bewohner von Gebieten mit heute noch zu schmutzige­r Luft.“Die Kosten der Nachrüstun­g dürfe nicht auf die Kunden abgewälzt werden. Ähnlich äußerte sich der CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart: „Die Signale zeigen doch, dass diese Lösungen machbar sind und sich die Kosten in Grenzen halten. Die könnten von der Industrie selbst getragen werden.“

Wirtschaft­sministeri­n Nicole Hoffmeiste­r-Kraut (CDU) betonte, dass die Politik die Rahmenbedi­ngungen nun vorgeben müsse, aber ohne technische Vorgaben zu machen. Sie forderte eine bundesweit­e Lösung. „Nur durch eine bundesweit einheitlic­he Normierung kann Rechtssich­erheit geschaffen werden.“Auch Verkehrsmi­nister Hermann sagte: „Ohne Berlin wird es nicht gehen.“

Hofreiter kritisiert Dobrindt

Anton Hofreiter, Fraktionsc­hef der Grünen im Bundestag, kritisiert­e den Bundesverk­ehrsminist­er scharf. Die baden-württember­gische Landesregi­erung bestreite mühsame Verhandlun­gen, die eigentlich Dobrindts Job wären. „Der Bundesverk­ehrsminist­er darf nicht länger die Hände in den Schoß legen, sondern muss sich um saubere Diesel kümmern“, sagte Hofreiter der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Das ist er den Menschen in den Städten wie auch den Autofahrer­n schuldig. Er muss endlich für ein bundesweit gültiges Konzept zur Nachrüstun­g und einheitlic­he rechtliche Rahmenbedi­ngungen sorgen.“

Ob die Anstrengun­gen schnell genug zum Erfolg führen werden, um Fahrverbot­e ab kommendem Jahr abzuwenden, bleibt fraglich. Hermann will heute seine Länderkoll­egen im Bundesrat in Berlin auf die baden-württember­gische Linie einschwöre­n. Der CDU-Landtagsab­geordnete Dörflinger hofft zudem: „Vielleicht erkennen die Gerichte das Bündel an Maßnahmen an und gewähren uns noch eine Schonfrist.“

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