Mehr Geld für Umbau von Bahnübergängen
Land will Gemeinden wieder mehr Kosten erstatten, wenn diese keinen Nutzen von Baumaßnahmen haben
STUTTGART - Das Land will Kommunen stärker finanziell unter die Arme greifen, wenn diese Bahnübergänge sanieren müssen. Gerade für kleine Gemeinden an Bahntrassen ist das eine sehr gute Nachricht. Am Donnerstag hat sich erstmals der Stuttgarter Landtag mit der dafür nötigen Änderung des sogenannten Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes (LGVFG) beschäftigt. In Ausnahmefällen soll das Land künftig wieder 75 Prozent der Kosten tragen, die an der Gemeinde hängen bleiben. Momentan liegt die Förderquote bei 50 Prozent, die auch die Regel bleibt.
Thomas Kellenberger (CDU) ist erleichtert. „Wir haben jahrelang dafür gekämpft“, sagt der Bürgermeister des 2600-Seelen-Orts Aitrach im Landkreis Ravensburg. Auf seinem Gebiet gibt es neun Bahnübergänge. Aitrach liegt an der Strecke der Allgäubahn, die von München über das württembergische Allgäu nach Lindau führt. Mit der anstehenden Elektrifizierung der Strecke stehen auch Umbauten an den Bahnübergängen an. Die Kosten dafür tragen je zu einem Drittel der Bund, die Bahn und – bei Gemeindestraßen – eben die Gemeinde selbst.
Was das finanziell bedeutet, rechnet Kellenberger vor: Vier der neun Bahnübergänge sind bereits ausgebaut. Kostenpunkt für die Gemeinde: 421 000 Euro. Für die fünf weiteren geht Kellenberger von Kosten für die Gemeinde in Höhe von 735 000 Euro aus. Nach den derzeitigen Förderregeln übernimmt das Land davon 50 Prozent. Darum bleibt noch ein viel zu großer Batzen an der Gemeinde hängen, befand Kellenberger und hat die sogenannten Kreuzungsvereinbarungen mit der Bahn deshalb bislang nicht unterzeichnet.
Ausnahmefälle definiert
Nun soll das Land für solche Bahnübergänge wie in Aitrach zum Förderanteil von 75 Prozent zurückkehren. Dafür ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen, die immer dann greift, wenn eine Gemeinde aus dem Projekt „keinen oder nur geringen verkehrlichen Nutzen“ziehen kann, wie es in der Gesetzesvorlage heißt.
In der vergangenen Legislaturperiode mit grün-roter Regierung wurde die Landesförderung für Arbeiten an Bahnübergängen von 75 auf 50 Prozent heruntergeschraubt. Damit wollte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) erreichen, dass mehr Gemeinden schneller in den Genuss der begrenzten Fördermittel kommen. Es handelt sich dabei um Bundesgelder, die das Land den Gemeinden weiterleitet. Der Wangener CDU-Landtagsabgeordnete Raimund Haser nennt die jetzige Gesetzesänderung „ein klassisches Beispiel für Politik von unten nach oben“und spricht von einer „Lex Allgäubahn“, denn sie war der Auslöser.
Bereits bei den grün-schwarzen Koalitionsverhandlungen vor einem Jahr hat Haser die 75-Prozent-Förderung in den Koalitionsvertrag eingebracht, „als Entlastung für diejenigen Gemeinden, die nichts von den Baumaßnahmen haben“, wie er sagt. Profitieren können von der „Lex Allgäubahn“auch andere. „Auch für Gemeinden entlang der Südbahn-Strecke ist das ganz bedeutend“, sagt der Biberacher CDU-Landtagsabgeordnete Thomas Dörflinger mit Blick auf die geplante Elektrifizierung. „Denn wenn die Kommunen Bahnübergänge nicht finanzieren wollen oder können, kann sich die gesamte Großmaßnahme verzögern.“
Kein Geld für die Planung
Nach derzeitigem Plan soll die entsprechende Gesetzesänderung zum Juli in Kraft treten, vorher muss sich der Landtag noch mal damit befassen. Der Aitracher Bürgermeister Kellenberger hat sogar schon Post vom zuständigen Regierungspräsidium bekommen mit einem Hinweis auf die bevorstehende Änderung der Förderquote.
Ein Wermutstropfen bleibt, denn „75 Prozent klingen wesentlich besser, als sie sind“. Nach seiner Berechnung hätte Kellenberger von den Kosten von 735 000 Euro für die fünf Bahnübergänge bei einer Landesförderung von 50 Prozent 230 000 Euro bekommen. Bei 75 Prozent rechnet er mit 350 000 Euro Kostenerstattung. „Das sind keine 75 Prozent, weil auch die förderfähigen Kosten geändert wurden“, sagt Kellenberger. Etwa Planungskosten, zum Teil auch nötigen Grunderwerb, erstatte das Land nicht.