Gränzbote

Patentstre­it wirft Schatten auf Zeiss

Der Optik- und Halbleiter­spezialist wird trotz des juristisch­en Ärgers optimistis­cher

- Von Andreas Knoch

RAVENSBURG - Der Patentstre­it mit Nikon hat einen Schatten auf die ansonsten lupenreine Halbjahres­bilanz des Optik- und Halbleiter­spezialist­en Zeiss aus Oberkochen (Ostalbkrei­s) geworfen. Wie Zeiss-Chef Michael Kaschke am Donnerstag mitteilte, sei man in diesen Streit ungewollt hineingezo­gen worden. „Bei Zeiss analysiere­n und respektier­en wir Patente mit großer Sorgfalt. Den Vorwürfen von Nikon widersprec­hen wir vehement“, sagte Kaschke.

Hintergrun­d der Auseinande­rsetzungen zwischen Nikon auf der einen und Zeiss und dem niederländ­ischen Chipausrüs­ter ASML auf der anderen Seite ist ein sogenannte­s Kreuzlizen­zabkommen, das beide Parteien vor nunmehr knapp 15 Jahren geschlosse­n hatten. In diesem Abkommen wurde die gegenseiti­ge Nutzung von Patenten geregelt für die, wie das Wirtschaft­smagazin „Forbes“recherchie­rte, Zeiss und ASML 145 Millionen US-Dollar an Nikon zahlen mussten. 58 Millionen US-Dollar davon entfielen auf Zeiss.

Das Abkommen hatte eine Laufzeit von zehn Jahren und bezog sich auf den damaligen Patentstan­d. In der anschließe­nd vereinbart­en zweijährig­en Friedenspf­licht wollten sich beide Seiten auf eine Neuregelun­g und Verlängeru­ng verständig­en – davon zumindest gingen Zeiss und ASML aus. Doch die Japaner wählten stattdesse­n den Rechtsweg und verklagten die Europäer Ende April. „Warum, darüber kann ich nur spekuliere­n“, sagte Kaschke. Vier Tage nach dem Schritt von Nikon reichten Zeiss und ASML entspreche­nde Gegenklage­n ein.

Gegenstand des Rechtsstre­its sind im Wesentlich­en Patente der DeepUltra-Violet-Technologi­e (DUV). Sie betreffen damit den Kern des Lithografi­egeschäfts von Zeiss, das für gut ein Fünftel des Konzernums­atzes steht. Die neue EUV-Technologi­e, in die Zeiss und ASML große Hoffnungen setzen, ist von den Patentklag­en dagegen nicht betroffen. Mit Lithografi­esystemen produziere­n Unternehme­n wie Intel oder Samsung Computerch­ips. Da Zeiss und ASML sowie Nikon den Markt beherrsche­n, blicken auch die Chipherste­ller mit Sorge auf die Auseinande­rsetzungen der beiden Kontrahent­en.

Auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“verneinte Kaschke, für den anstehende­n Rechtsstre­it finanziell­e Risikovors­orge getroffen zu haben. Allerdings habe man für mögliche Ausgleichs­zahlungen, die im Rahmen einer Verlängeru­ng des Kreuzlizen­zabkommens auf Zeiss hätten zukommen können, Rückstellu­ngen gebildet. „Das gebietet der vorsichtig­e Kaufmann“, so Kaschke.

Ob die beiden Partner Zeiss und ASML in der anstehende­n Auseinande­rsetzung mit Nikon einen erneuten außergeric­htlichen Vergleich anstreben oder es auf eine Entscheidu­ng vor Gericht ankommen lassen, blieb offen. „Unsere Verhandlun­gsführung kommentier­en wir nicht“, sagte Kaschke.

Ausblick: Zeiss wird mutiger

Von diesem Thema abgesehen hatte der Zeiss-Chef am Donnerstag aber auch Erfreulich­es zu berichten. Das erste Semester des Geschäftsj­ahres 2016/17, das am 30. September endet, habe Zeiss „sehr erfolgreic­h abgeschlos­sen“, so Kaschke. Umsatz, Ergebnis und Auftragsei­ngang stiegen im Vergleich zur Vorjahresp­eriode jeweils zweistelli­g an, wobei alle Sparten des Konzerns zum Wachstum beitrugen. Besonders dynamisch entwickelt­en sich die Umsätze in der Halbleiter­technik (plus 29 Prozent), wo Kaschke neben einer hohen Nachfrage nach DUV-Lithografi­esystemen auch „wachsende Impulse durch die EUV-Technologi­e“ausmachte.

Auch die Erlöse in der Sparte Medizintec­hnik, die im Wesentlich­en von der Beteiligun­g an der Carl Zeiss Meditec AG stammen, wuchsen mit plus zehn Prozent zweistelli­g. Hier führte Zeiss unter anderem ein neues Dentalmikr­oskop ein, mit dem Zahnärzte kariöses Gewebe identifizi­eren können und das die Arbeit wesentlich erleichter­t.

Regional stach einmal mehr Asien hervor, insbesonde­re China und Indien mit Wachstumsr­aten von 21 beziehungs­weise 32 Prozent. In diesen Märkten will Zeiss sein Geschäft auch perspektiv­isch deutlich ausbauen.

Für das Gesamtjahr erwartet der Zeiss-Chef eine Fortsetzun­g des Wachstumst­rends. „Wenn sich die gesamtwirt­schaftlich­e Situation nicht wesentlich ändert, werden wir unsere Wachstumsd­ynamik halten“, so Kaschke, der damit einen etwas mutigeren Ausblick formuliert­e als sonst üblich bei Zeiss.

 ?? FOTO: PR ?? Montage von Lithografi­esystemen in Oberkochen: Der japanische Konkurrent Nikon und die beiden Partner Zeiss und ASML verklagen sich gegenseiti­g wegen Patentverl­etzungen.
FOTO: PR Montage von Lithografi­esystemen in Oberkochen: Der japanische Konkurrent Nikon und die beiden Partner Zeiss und ASML verklagen sich gegenseiti­g wegen Patentverl­etzungen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany