Gränzbote

„Er ist ein kritischer Zeitgenoss­e“

Galerist Werner Wohlhüter zu seiner Schau mit Werken des Künstlers Felix Droese

- Dauer: bis 28. Mai. Öffnungsze­iten: Freitag 13-18 Uhr, Samstag 10-13 Uhr sowie an den Sonntagen 14., 21. und 28. Mai 11-16 Uhr und nach Vereinbaru­ng, Tel. 07575/ 1370. Weitere Infos im Internet unter www.galerie-wohlhueter.de

LEIBERTING­EN-THALHEIM - Die Arbeiten von Felix Droese (1950 in Singen geboren) bewegen sich zwischen Abstraktio­n und Figuration und haben eine Tiefgründi­gkeit, die sich dem Betrachter nicht ohne Weiteres erschließt. Die Galerie Wohlhüter im Leiberting­er Ortsteil Thalheim bei Sigmaringe­n hat den berühmten Künstler schon lange im Programm. Bis 28. Mai zeigt sie rund 50 Werke von Droese aus verschiede­nen Jahrzehnte­n. Im Gespräch mit Antje Merke erzählt Werner Wohlhüter von den Highlights der neuen Schau, aber auch, was er an Felix Droese schätzt.

Herr Wohlhüter, was für ein Mensch ist Felix Droese?

Felix Droese ist sehr gebildet und belesen. Er interessie­rt sich ungemein für Politik und soziale Belange. Er nimmt sich die Zeit, täglich mehrere überregion­ale Tageszeitu­ngen zu lesen. Es ist spannend mit ihm zu diskutiere­n, denn er ist offen für Argumente. Als wir zum Beispiel im Bundestags­wahljahr 2005 über das Wählerverh­alten diskutiert­en und ich provokativ erwähnte, dass bei uns im Dorf sowieso jeder CDU wählt, hat er gleich reagiert und eine Kunstaktio­n daraus gemacht – mit dem Slogan: „Thalheim wählt CDU.“Tatsächlic­h ist Droese ein kritischer Zeitgenoss­e. Hintergrun­d dafür sind sicher auch die Verhältnis­se, in denen er aufgewachs­en ist: Sein Vater war hier im Südwesten in den 1950er-Jahren als altkatholi­scher Pfarrer tätig und wurde später an die Nordsee versetzt, weil er renitent war und sich kritisch äußerte.

Wann und wie haben Sie den Künstler kennengele­rnt?

Mitte der 1990er-Jahre habe ich den Künstler mehrmals in seinem Atelier in Mettmann bei Düsseldorf besucht. Im Laufe eines Gesprächs habe ich ihn dann gefragt: Stellen Sie auch auf einem Dorf aus? Zu meiner Freude hat er umgehend Ja gesagt. Ich wusste, dass er fast ausschließ­lich in Museen ausstellt und nur Dinge macht, die für ihn reizvoll sind.

Was fasziniert Sie an der Kunst von Droese? Warum haben Sie ihn bis heute in Ihrem Galeriepro­gramm, obwohl Ihr Schwerpunk­t ja auf der Bildhauere­i liegt?

Mich interessie­ren prinzipiel­l Künstler, die materialbe­tont arbeiten – und das trifft auf Felix Droese zu. Ein Beispiel dafür sind seine großen Scherensch­nitte. Dann druckt und malt er mit Schlick, Lehm, Erde, Ruß, Tierblut oder Bitumen statt wie andere nur mit Farbe. Und das macht seine Werke für mich so spannend. Es gibt von ihm ja auch viele bildhaueri­sche Arbeiten. Außerdem schätze ich seine Spontanitä­t. Im Vorfeld der letzten Ausstellun­g etwa war in Thalheim die Windkraft in der Diskussion. Es war geplant, in unmittelba­rer Nähe des Dorfes Windkrafta­nlagen mit einer Höhe von 200 Metern aufzustell­en. Bei der Auswahl der Arbeiten im Atelier habe ich dann Holzdrucke entdeckt, die ein abstrahier­tes Windrad und den Schriftzug „Heimat“aufwiesen. Heimat wurde dann das Motto der Ausstellun­g.

Wie viele Ausstellun­gen haben Sie mit ihm schon gemacht? Und wo kommen die Werke her?

Die jetzige Ausstellun­g ist die fünfte. Ein Großteil der Arbeiten, die wir jetzt zeigen, kommen direkt aus seinem Atelier, der Rest stammt aus unseren Beständen. Droese hat mittlerwei­le ein großes OEuvre, da kann man als Galerist aus dem Vollen schöpfen.

Können Sie kurz beschreibe­n, was den Besucher in der neuen Schau erwartet?

Diesmal haben wir kein bestimmtes Motto, sondern wir zeigen Papierschn­itte, Holzdrucke und Malereien aus verschiede­nen Jahrzehnte­n: von 1988 bis heute. Zu sehen sind große Scherensch­nitte aus schwarzem Fotokarton sowie kleinforma­tige Holzdrucke, Cuts und Mischtechn­iken auf Papier sowie einige plastische Arbeiten.

Was ist aus Ihrer Sicht der Höhepunkt der Ausstellun­g?

Highlight der Schau sind die sechs riesigen Scherensch­nitte mit dem Titel „Antiterror­einheit auf dem Weg zum Begräbnis der Kunst“, die zwischen 1992 und 2000 entstanden sind und jetzt in unserer Kunsthalle präsentier­t werden. Dabei handelt es sich um eine Truppe von Kranken, die quasi als letztes Aufgebot den Terrorismu­s bekämpfen sollen. Ein weiterer Blickfang ist eine Schullandk­arte – ein überarbeit­eter Holzdruck von 1988, der damals für das „Haus der Waffenlosi­gkeit“zur Biennale in Venedig entstanden ist und 2000 mit einem weiteren Druck „Cain“versehen wurde. Denn für Droese beginnen die kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen schon in der Bibel mit der Geschichte, in der Kain seinen jüngeren Bruder Abel erschlägt. Dieses Phänomen der Eskalation zieht sich aus seiner Sicht bis heute fort.

Das heißt aber auch, dass der Betrachter bei Droeses Arbeiten sehr oft eine zweite Ebene entdecken kann?

Genau, dieses Tiefgründi­ge und Mehrschich­tige macht sein Werk ja so besonders. Ein weiteres Beispiel dafür sind in der Ausstellun­g seine Wolkenbild­er, die auf den ersten Blick schön anzuschaue­n sind. Erst auf den zweiten sieht man, dass es eine Gewitterwo­lke sein könnte oder auch eine Atombomben­explosion. Oder etwa eine Cloud, also eine digitale Wolke. Wolken spielen bereits im Alten Testament eine große Rolle. Mit dieser Vielschich­tigkeit kann sich der Betrachter auseinande­rsetzen.

 ?? FOTO: WOHLHÜTER ?? Felix Droeses „Antiterror­einheit auf dem Weg zum Begräbnis der Kunst“(1992-2000) ist der Höhepunkt der neuen Ausstellun­g in der Galerie Wohlhüter. Die Scherensch­nitte umfassen acht Teile, vier davon sind hier im Bild zu sehen.
FOTO: WOHLHÜTER Felix Droeses „Antiterror­einheit auf dem Weg zum Begräbnis der Kunst“(1992-2000) ist der Höhepunkt der neuen Ausstellun­g in der Galerie Wohlhüter. Die Scherensch­nitte umfassen acht Teile, vier davon sind hier im Bild zu sehen.

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