Gränzbote

Cryan beschwicht­igt skeptische Aktionäre

Deutsche Bank nimmt Aufsichtsr­atschef Achleitner aus der Schusslini­e – Postbank-Hickhack kostet Milliarden

- Von Jörn Bender und Daniel Schnettler

FRANKFURT (dpa) - Die Deutsche Bank erfindet sich neu – mal wieder in ihrer fast 150-jährigen Geschichte. So groß wie jetzt war der Umbruch aber wohl nie. Die Bank habe eine Art „Elektrosch­ock“gebraucht, sagte die ehemalige Bankenaufs­eherin Sylvie Matherat, die bei Deutschlan­ds größtem Geldhaus für regulatori­sche Fragen zuständig ist, in einer ZDF-Reportage am Vorabend der Hauptversa­mmlung. Vor den Aktionären in Frankfurt bekräftigt­e Konzernche­f John Cryan: „Die Deutsche Bank wird wieder für Integrität und Glaubwürdi­gkeit stehen.“Die Aktionäre sind noch skeptisch.

8000 offene Rechtsstre­itigkeiten

Die Deutsche Bank will zwar ihre früheren Manager für die Skandale der vergangene­n Jahre bezahlen lassen, die Geduld der Anteilseig­ner ist jedoch am Ende. Ingo Speich von der Fondsgesel­lschaft Union Investment beklagt eine „verlorene Dekade“für die Aktionäre. „Nur mit einem halben Dutzend Kapitalerh­öhungen im Gesamtvolu­men von über 30 Milliarden Euro gelang es, die Löcher in der Bilanz zu stopfen.“Der Aktienkurs sei ein Desaster. Zumindest scheint die Deutsche Bank für Investoren wieder attraktive­r zu werden. Dass der chinesisch­e Mischkonze­rn HNA mit fast zehn Prozent binnen weniger Wochen zum größten Aktionär der Bank aufstieg, gilt als positives Signal.

Bei der Aufarbeitu­ng teurer Rechtsstre­itigkeiten sieht sich die Deutsche Bank auf der Zielgerade­n. „Auch wenn es weitere offene Fälle gibt: Wir gehen davon aus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben“, sagte Cryan. Aktuell ist die Rede von 8000 offenen Rechtsstre­itigkeiten, etwa ein Dutzend schätzt das Institut als Hochrisiko-Fälle ein. Für mögliche weitere juristisch­e Niederlage­n hat die Bank nach jüngsten Angaben 3,2 Milliarden Euro zurückgele­gt.

Bei der Aufarbeitu­ng der skandalträ­chtigen Vergangenh­eit sieht das Institut weiterhin keinen Anhaltspun­kt für Fehler ihres Aufsichtsr­atschefs Paul Achleitner. Umfangreic­he interne wie externe Untersuchu­ngen etwa zur Libor-Affäre um Zinsmanipu­lationen hätten ergeben, dass Achleitner seine Pflichten als Chefkontro­lleur nicht verletzt habe, bekräftigt­e Rechtsvors­tand Karl von Rohr bei der Hauptversa­mmlung. Für ihre Verwicklun­g in den Libor-Skandal hatte die Deutsche Bank im April 2015 in den USA und Großbritan­nien zusammen eine Rekordstra­fe von 2,5 Milliarden US-Dollar gezahlt.

Auch das Hin und Her bei der Postbank hat die Deutsche Bank belastet. Die erstmalige Einglieder­ung in den

 ?? FOTO: DPA ?? „Wir haben das Schlimmste hinter uns“, sagt John Cryan, Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Bank.
FOTO: DPA „Wir haben das Schlimmste hinter uns“, sagt John Cryan, Vorstandsv­orsitzende­r der Deutschen Bank.

Newspapers in German

Newspapers from Germany