Cryan beschwichtigt skeptische Aktionäre
Deutsche Bank nimmt Aufsichtsratschef Achleitner aus der Schusslinie – Postbank-Hickhack kostet Milliarden
FRANKFURT (dpa) - Die Deutsche Bank erfindet sich neu – mal wieder in ihrer fast 150-jährigen Geschichte. So groß wie jetzt war der Umbruch aber wohl nie. Die Bank habe eine Art „Elektroschock“gebraucht, sagte die ehemalige Bankenaufseherin Sylvie Matherat, die bei Deutschlands größtem Geldhaus für regulatorische Fragen zuständig ist, in einer ZDF-Reportage am Vorabend der Hauptversammlung. Vor den Aktionären in Frankfurt bekräftigte Konzernchef John Cryan: „Die Deutsche Bank wird wieder für Integrität und Glaubwürdigkeit stehen.“Die Aktionäre sind noch skeptisch.
8000 offene Rechtsstreitigkeiten
Die Deutsche Bank will zwar ihre früheren Manager für die Skandale der vergangenen Jahre bezahlen lassen, die Geduld der Anteilseigner ist jedoch am Ende. Ingo Speich von der Fondsgesellschaft Union Investment beklagt eine „verlorene Dekade“für die Aktionäre. „Nur mit einem halben Dutzend Kapitalerhöhungen im Gesamtvolumen von über 30 Milliarden Euro gelang es, die Löcher in der Bilanz zu stopfen.“Der Aktienkurs sei ein Desaster. Zumindest scheint die Deutsche Bank für Investoren wieder attraktiver zu werden. Dass der chinesische Mischkonzern HNA mit fast zehn Prozent binnen weniger Wochen zum größten Aktionär der Bank aufstieg, gilt als positives Signal.
Bei der Aufarbeitung teurer Rechtsstreitigkeiten sieht sich die Deutsche Bank auf der Zielgeraden. „Auch wenn es weitere offene Fälle gibt: Wir gehen davon aus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben“, sagte Cryan. Aktuell ist die Rede von 8000 offenen Rechtsstreitigkeiten, etwa ein Dutzend schätzt das Institut als Hochrisiko-Fälle ein. Für mögliche weitere juristische Niederlagen hat die Bank nach jüngsten Angaben 3,2 Milliarden Euro zurückgelegt.
Bei der Aufarbeitung der skandalträchtigen Vergangenheit sieht das Institut weiterhin keinen Anhaltspunkt für Fehler ihres Aufsichtsratschefs Paul Achleitner. Umfangreiche interne wie externe Untersuchungen etwa zur Libor-Affäre um Zinsmanipulationen hätten ergeben, dass Achleitner seine Pflichten als Chefkontrolleur nicht verletzt habe, bekräftigte Rechtsvorstand Karl von Rohr bei der Hauptversammlung. Für ihre Verwicklung in den Libor-Skandal hatte die Deutsche Bank im April 2015 in den USA und Großbritannien zusammen eine Rekordstrafe von 2,5 Milliarden US-Dollar gezahlt.
Auch das Hin und Her bei der Postbank hat die Deutsche Bank belastet. Die erstmalige Eingliederung in den