Eigentlich wollte er kein Banker werden
Volksbank-Vorstandvorsitzender Franz-Josef Jaumann hat heute seinen letzten Arbeitstag
TROSSINGEN - Nach 45 Jahren bei der Bank - 21 davon in Trossingen - ist am heutigen Freitag Franz-Josef Jaumanns letzter Arbeitstag gekommen: Mit der Generalversammlung verabschiedet sich der Vorstandsvorsitzende der Volksbank in den Ruhestand.
Dabei konnte sich Franz-Josef Jaumann nach seinem Schulabschluss gar nicht vorstellen, bei der Bank glücklich zu werden. „Ich dachte nicht, dass ein Bürojob etwas für mich ist“, erzählt der Vorstandsvorsitzende, „ich wäre lieber zur Polizei gegangen oder Musiker geworden.“Die Lehre zum Bankkaufmann bei der heutigen Sparkasse Ostalb begann er 1971 trotzdem - und als er mit 21 Jahren die Leitung einer Zweigstelle bei Aalen übernahm („Stellen Sie sich die Filiale als eine umgebaute Garage vor“), entdeckte er die Freude an seinem Beruf - der damals in mancher Hinsicht ein ganz anderer war als heute.
Ab 1996 in Trossingen
Sparbücher wurden per Hand nachgetragen, es gab wenige Telefone, aber dafür noch Fernschreiber, und Bargeld habe noch eine große Rolle gespielt, erinnert sich Jaumann. Damals, sagt er, sei die Verbindung mit einer Bank eine lebenslange gewesen. „Das gibt es heute zwar auch noch, aber nicht mehr in dem Maße.“
In den folgenden Jahren ging es Schlag auf Schlag mit der Technik: Mitte der 70er-Jahre hielten Terminals in den Bankfilialen Einzug. Die ersten Firmen gingen an die Börse. Ende der 80er-Jahre wurden die ersten Geldausgabeautomaten eingeführt. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete Franz-Josef Jaumann als Marktleiter. „Mein Chef dort stand den Geldausgabeautomaten ablehnend gegenüber. Ich weiß noch, wie er sagte ,Die kommen mir nicht in meine Filialen’. Zwei Jahre später standen die Automaten dann aber doch in jeder Zweigstelle.“
1996 wechselte Jaumann als Vorstandsmitglied zur Volksbank Trossingen. In der Musikstadt wäre er schon in seiner Jugend fast einmal gelandet: Als begeisterter Klarinettenund Saxofonspieler war er für einen Kurs in der Bundesakademie angemeldet, den er dann aber doch nicht wahrnehmen konnte.
In der Musikstadt erlebte Jaumann die Digitalisierung, die mit der Jahrtausendwende massiv einsetzte darunter E-Mail, Direktbanken, Electronic Banking - mit allen Vorund Nachteilen. „Erleichterung und Fortschritt haben natürlich die Kehrseite, dass die Banken viele Filialen schließen, da nur noch 50 Prozent der Kunden in die Filialen kommen“, sagt Jaumann, „In fünf Jahren wird es heutigen Prognosen nach nur noch ein Viertel sein. Der Beruf des Bankkaufmanns wird sich deshalb weiter ändern. Wir werden Bankkaufleute brauchen, die sich technisch auskennen.“Für diese kommenden fünf Jahre hat Jaumann noch mitgeplant: „Die Volksbank ist Stand heute sehr gut für die Zukunft aufgestellt.“
Nicht nur in technischer Sicht hat sich jedoch viel getan, seit Franz-Josef Jaumann nach Trossingen kam. „Die Volksbank hat in dieser Zeit viel gebaut“, erinnert er sich: 2000 den Würfel, dem die Sanierung der Schalterhalle und der Zweigstellen, die Verglasung der Außenwand und der neue Parkplatz folgten. 2015 feierte die Volksbank bereits ihr 150jähriges Jubiläum.
Vorbereitung auf „anderes Leben“
Und er habe viele außergewöhnliche Menschen kennengelernt, sagt der Vorstandsvorsitzende: Autorin und Menschenrechtsaktivistin Waris Dirie beispielsweise, die 1999 im ErnstHohner-Konzerthaus den Deutschen Afrika-Preis verliehen bekam. Das Elefanten-Gemälde, das über seinem Schreibtisch hängt, ist ein Werk des italienischen Malers Renato Casaro, zu dem Jaumann eine gute Bekanntschaft pflegt.
Das Engagement der Volksbank beschränkt sich jedoch nicht nur auf die Kunst. Ein kultureller Meilenstein, nachdem Jaumann 2005 das Amt der Vorstandsvorsitzenden übernahm, war 2007 der Erhalt der Hochschul-Musikreihe „Treff bei Till“, der er im Würfelsaal eine neue Auftrittsmöglichkeit bot. Heute ist diese besser bekannt als „vis-à-vis: Klangkunst im Würfel“, ein Name, der innerhalb kurzer Zeit zur Marke wurde. „Dass ,vis-à-vis’ so ein Erfolg wird, konnte damals niemand ahnen“, sagt Jaumann, „es war für alle Seiten ein Glücksgriff.“
Musik wird den scheidenden Vorstandsvorsitzenden auch weiterhin begleiten. „Das Leben besteht aus Abschnitten, und der Ruhestand ist der gravierendste“, meint der 61-Jährige. Dieses „andere Leben“müsse gut vorbereitet werden, sprich: Ein Hobby sollte man sich möglichst schon vorher suchen. Jaumann hat davon reichlich: Mit seinem Hovawart-Rüden betreibt er begeistert Hundesport. Und er spielt zahlreiche Instrumente, darunter Akkordeon, Gitarre, Klarinette, Saxofon und seit Kurzem auch die Steirische Handharmonika. „Wenn ich das alles am Laufen halten will“sagt er, „dann habe ich genug Arbeit.“