Wenig Resonanz von Wohnungseigentümern
Stadt Tuttlingen bemüht sich, leerstehende Wohnungen dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen
TUTTLINGEN - Die Aufgaben des Vermieters übernimmt die Tuttlinger Wohnbau. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen oder Beziehern von Sozialleistungen zahlt beziehungsweise vermittelt die Stadt sogar die Miete. Trotzdem wollen Eigentümer von leerstehenden Wohnungen das „Rundum-Sorglos-Paket“, wie es Wohnbau-Chef Horst Riess nennt, nicht annehmen. Die Resonanz, freien Wohnraum bei der Stadt zu melden, ist verhalten.
Zwischen 300 und 350 Unterkünfte, die schnell nutzbar wären, würden momentan dem Wohnungsmarkt nicht zur Verfügung stehen, schätzt Riess. Dabei werden die Räume dringend benötigt. Neben den Bürgern, die bezahlbaren Wohnraum suchen, müssen in diesem Jahr auch Flüchtlinge aus den Gemeinschaftsunterkünften in die Kommunen umgesiedelt werden. Wie viele Flüchtlinge die Stadt Tuttlingen aufnehmen muss, steht noch nicht fest, sagt Kerstin Terlinden, Pressesprecherin bei der Stadt. Momentan würden nach Erhebungen der Kommune 170 geflohene Menschen in Tuttlingen wohnen. Im Juni müssten 16, bis September wahrscheinlich 50 weitere Asylsuchende in Wohnungen untergebracht werden.
Bis zu 350 Wohnungen wären schnell nutzbar
Doris Mehren-Greuter von der AWO-Fachberatung für wohnungslose Menschen kümmert sich um eine weitere Gruppe, die auf dem Wohnungsmarkt Erfolg haben möchte. Den Bedarf für ihre Klientel – oft alleinstehende Hartz IV-Bezieher – beziffert sie auf rund 200 Wohnungen. Generell sei die Nachfrage nach Wohnungen groß, sagt MehrenGreuter. „Es kommen mehr Menschen auf den Wohnungsmarkt – auch mit niedrigen Einkommen.“
Der Platz, die Menschen unterzubringen, wäre auch in Tuttlingen durchaus vorhanden. Nur die Bereitschaft ist es nicht. Die Vermietung des Wohnraums schaffe nur Ärger und sei beschwerlich, nennt Riess nur zwei Gründe, die von Eigentümern gegen die Freigabe der Bleiben aufgeführt werden. Gültigkeit haben diese Argumente in der Donaustadt eigentlich nicht mehr. Damit die Besitzer nicht von den Anforderungen abgeschreckt werden, die leeren Wohnung zu vermieten, springt die Wohnbau ein. Auf Wunsch der Eigentümer werden Dienstleistungen, wie das Erstellen von Mietverträgen, ein Renovierungs- und Wartungsservice, angeboten.
Lob für Stadt: Wohnungen fit machen, geht schneller als bauen
Mehren-Greuter lobt die Stadt und die Wohnbau für die Initiative. „Es ist gut, wenn leerer Wohnraum erruiert und dem Wohnungsmarkt zu Verfügung gestellt wird. Vielleicht muss man da auch andere Wege gehen.“Allerdings macht Riess wenig Hoffnungen, dass viele neue Räume dazukommen. „Wenn wir zehn Prozent realisieren können, wäre das gut. Dann stünden 30 weitere Wohnungen zur Verfügung“, nennt Riess als Ziel. „Es ist eine gute Geschichte, Wohnraum so fit zu machen. Das geht schneller als bauen.“
Die Situation in Tuttlingen ist für den Wohnbau-Chef noch nicht alarmierend. „Die Versorgung funktioniert einigermaßen.“Das liege aber auch daran, dass es im Bestand der Wohnbau eine gewisse Fluktuation gebe. Rund 250 Wohnungen würden im Jahr gekündigt. Deshalb herrsche auch keine „übertriebene Aufgeregtheit“, was die Unterbringung der Flüchtlinge betrifft. Der Reihe nach würden die Asylsuchenden zusammen mit anderen Suchenden untergebracht. Wenn es eine passende Wohnung gibt.
Dass die Stadt Tuttlingen sich bei der Vermarktung eigener Grundstücke eine Quote von 30 Prozent an bezahlbarem Wohnraum auferlegt hat, findet Riess richtig. Er habe kein Verständnis, wenn sich Investoren im Baubereich nur eine „goldene Nase verdienen“wollten – auf Kosten der Allgemeinheit. Anders wäre es bei den Eigentümern freier Wohnungen. „Wir versuchen, die Menschen zu motivieren. Sie können der Gesellschaft einen guten Dienst erweisen und erhalten Miete“, sagt Riess. Bisher hat sich die Situation mit zwei Gewinnern noch nicht herumgesprochen.