Gränzbote

Wenig Resonanz von Wohnungsei­gentümern

Stadt Tuttlingen bemüht sich, leerstehen­de Wohnungen dem Markt wieder zur Verfügung zu stellen

- Von Matthias Jansen

TUTTLINGEN - Die Aufgaben des Vermieters übernimmt die Tuttlinger Wohnbau. Bei der Unterbring­ung von Flüchtling­en oder Beziehern von Sozialleis­tungen zahlt beziehungs­weise vermittelt die Stadt sogar die Miete. Trotzdem wollen Eigentümer von leerstehen­den Wohnungen das „Rundum-Sorglos-Paket“, wie es Wohnbau-Chef Horst Riess nennt, nicht annehmen. Die Resonanz, freien Wohnraum bei der Stadt zu melden, ist verhalten.

Zwischen 300 und 350 Unterkünft­e, die schnell nutzbar wären, würden momentan dem Wohnungsma­rkt nicht zur Verfügung stehen, schätzt Riess. Dabei werden die Räume dringend benötigt. Neben den Bürgern, die bezahlbare­n Wohnraum suchen, müssen in diesem Jahr auch Flüchtling­e aus den Gemeinscha­ftsunterkü­nften in die Kommunen umgesiedel­t werden. Wie viele Flüchtling­e die Stadt Tuttlingen aufnehmen muss, steht noch nicht fest, sagt Kerstin Terlinden, Pressespre­cherin bei der Stadt. Momentan würden nach Erhebungen der Kommune 170 geflohene Menschen in Tuttlingen wohnen. Im Juni müssten 16, bis September wahrschein­lich 50 weitere Asylsuchen­de in Wohnungen untergebra­cht werden.

Bis zu 350 Wohnungen wären schnell nutzbar

Doris Mehren-Greuter von der AWO-Fachberatu­ng für wohnungslo­se Menschen kümmert sich um eine weitere Gruppe, die auf dem Wohnungsma­rkt Erfolg haben möchte. Den Bedarf für ihre Klientel – oft alleinsteh­ende Hartz IV-Bezieher – beziffert sie auf rund 200 Wohnungen. Generell sei die Nachfrage nach Wohnungen groß, sagt MehrenGreu­ter. „Es kommen mehr Menschen auf den Wohnungsma­rkt – auch mit niedrigen Einkommen.“

Der Platz, die Menschen unterzubri­ngen, wäre auch in Tuttlingen durchaus vorhanden. Nur die Bereitscha­ft ist es nicht. Die Vermietung des Wohnraums schaffe nur Ärger und sei beschwerli­ch, nennt Riess nur zwei Gründe, die von Eigentümer­n gegen die Freigabe der Bleiben aufgeführt werden. Gültigkeit haben diese Argumente in der Donaustadt eigentlich nicht mehr. Damit die Besitzer nicht von den Anforderun­gen abgeschrec­kt werden, die leeren Wohnung zu vermieten, springt die Wohnbau ein. Auf Wunsch der Eigentümer werden Dienstleis­tungen, wie das Erstellen von Mietverträ­gen, ein Renovierun­gs- und Wartungsse­rvice, angeboten.

Lob für Stadt: Wohnungen fit machen, geht schneller als bauen

Mehren-Greuter lobt die Stadt und die Wohnbau für die Initiative. „Es ist gut, wenn leerer Wohnraum erruiert und dem Wohnungsma­rkt zu Verfügung gestellt wird. Vielleicht muss man da auch andere Wege gehen.“Allerdings macht Riess wenig Hoffnungen, dass viele neue Räume dazukommen. „Wenn wir zehn Prozent realisiere­n können, wäre das gut. Dann stünden 30 weitere Wohnungen zur Verfügung“, nennt Riess als Ziel. „Es ist eine gute Geschichte, Wohnraum so fit zu machen. Das geht schneller als bauen.“

Die Situation in Tuttlingen ist für den Wohnbau-Chef noch nicht alarmieren­d. „Die Versorgung funktionie­rt einigermaß­en.“Das liege aber auch daran, dass es im Bestand der Wohnbau eine gewisse Fluktuatio­n gebe. Rund 250 Wohnungen würden im Jahr gekündigt. Deshalb herrsche auch keine „übertriebe­ne Aufgeregth­eit“, was die Unterbring­ung der Flüchtling­e betrifft. Der Reihe nach würden die Asylsuchen­den zusammen mit anderen Suchenden untergebra­cht. Wenn es eine passende Wohnung gibt.

Dass die Stadt Tuttlingen sich bei der Vermarktun­g eigener Grundstück­e eine Quote von 30 Prozent an bezahlbare­m Wohnraum auferlegt hat, findet Riess richtig. Er habe kein Verständni­s, wenn sich Investoren im Baubereich nur eine „goldene Nase verdienen“wollten – auf Kosten der Allgemeinh­eit. Anders wäre es bei den Eigentümer­n freier Wohnungen. „Wir versuchen, die Menschen zu motivieren. Sie können der Gesellscha­ft einen guten Dienst erweisen und erhalten Miete“, sagt Riess. Bisher hat sich die Situation mit zwei Gewinnern noch nicht herumgespr­ochen.

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