Steigerung der Niedertracht
Gibt es eine Steigerung der Niedertracht? Kann es nach den Anschlägen 2005 in der Londoner U-Bahn, nach dem Massaker 2015 im Konzertsaal Bataclan in Paris, nach der Todesfahrt mit einem Lastwagen auf einem Berliner Weihnachtsmarkt im Dezember 2016 noch mehr, noch perfidere Grausamkeit geben? Seit dem Selbstmordanschlag auf ein Teenager-Konzert in Manchester ist die Antwort klar: Ja.
Die Terroristen des „Islamischen Staates“und des Terrornetzwerkes al-Kaida haben immer erklärt, sie wollten den Westen an seinen empfindlichsten Stellen treffen. Also dort, wo westliche Kultur, Lebensfreude und westlicher Geist zum Ausdruck kommen. Noch härter trifft es freie Gesellschaften aber, wenn die Schwächsten angegriffen werden, also Alte, Kranke oder eben – so wie in Manchester – die Jungen. Die Kinder und Teenager sind besonders wehrlos, weil sie jung sind, weil sie an das Leben und an das Glück der Zukunft glauben.
Die Taliban in Pakistan haben mit einem Massaker 2014 in einer Militärschule vorgemacht, wie man mit einem Massenmord an Kindern eine ganze Gesellschaft an den Abgrund treiben kann. In Syrien und im Irak haben viele IS-Terroristen, auch solche aus dem Westen, trainiert. Sie haben Tausende jesidische Frauen und Mädchen versklavt. Jesidische Jungen, deren Eltern zuvor vom IS umgebracht wurden, unterzogen sie einer Gehirnwäsche, damit diese danach als Märtyrer für die Terrormiliz sterben wollen. Psychologen sprechen von einer nie zuvor im arabischen Raum dagewesenen Dehumanisierung.
Jeder Anschlag wie in Manchester hat das Potenzial, den Westen unfreier zu machen. Darum gehören die Strukturen des Ungeheuers zerstört. Die Diskussionen in Deutschland darüber, ob die Bundeswehr den IS bekämpfen darf oder die kurdischen Peschmerga deutsche Waffen bekommen sollen, sind ein Luxus und ein Hindernis. Natürlich hat die deutsche Armee den IS zu bekämpfen, und wenn das Mandat es erlaubt, auch mit Waffen und nicht nur durch Patrouillenflüge aus Incirlik.