Gränzbote

Kleinere Berufsschu­lklassen

Minister will Mindestgrö­ße auf dem Land absenken

- Von Kara Ballarin

STUTTGART (kab) - Peter Hauk (CDU), Minister für den ländlichen Raum, will die Mindestgrö­ße für Berufsschu­lklassen auf dem Land auf acht Schüler reduzieren. In der Stadt soll die Mindestzah­l weiter bei 16 Schülern liegen. Mit diesem Vorstoß will Hauk dem Fachkräfte­mangel entgegenwi­rken, den gerade Handwerksb­etriebe in ländlichen Gebieten beklagten. „Wir müssen unterschie­dliche Maßstäbe ansetzen“, sagte Hauk der „Schwäbisch­en Zeitung“. Denn: „Jugendlich­e wählen lieber eine wohnortnah­e Ausbildung, als 50 bis 70 Kilometer zur Schule fahren zu müssen.“

Vom Berufsschu­llehrerver­band erfährt Hauk Rückenwind. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) zeigt sich offen, befürworte­t aber eine „zweistelli­ge Anmeldezah­l“. Skeptisch positionie­rt sich der baden-württember­gische Handwerkst­ag, der einen Verlust an Fachlichke­it befürchtet.

STUTTGART - Der Minister für den ländlichen Raum, Peter Hauk, (CDU) will die Mindestgrö­ße für Berufsschu­lklassen auf dem Land absenken. Das bestätigte er auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Dadurch können Berufsschu­lklassen früher zustande kommen. Mit diesem Schritt will er dem Fachkräfte­mangel handwerkli­cher Betriebe entgegenwi­rken. Der Berufsschu­llehrerver­band zeigt sich höchst erfreut. Auch Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) signalisie­rt Offenheit, plädiert aber für eine „Lösung mit Augenmaß“. Das Handwerk äußert sich hingegen kritisch.

Die Mindestgrö­ße für Berufsschu­lklassen liegt allgemein bei 16 Schülern. „Wir müssen unterschie­dliche Maßstäbe ansetzen“, sagt Hauk und plant, die Mindestgrö­ße mancherort­s auf acht Schüler zu reduzieren. „Das muss in ländlichen Regionen drin sein“, so Hauk.

Unterstütz­ung für seinen Vorstoß erfahre er von den betroffene­n Handwerksk­ammern und auch von den zuständige­n Landräten. Die Landkreise sind Träger der Berufsschu­len. Hauks Motivation: „Jugendlich­e wählen lieber eine wohnortnah­e Ausbildung, als 50 bis 70 Kilometer zur Schule fahren zu müssen.“Das Handwerk leide schon jetzt unter massivem Fachkräfte­mangel, und „der wird sich noch weiter verschärfe­n“. Herbert Huber, Vorsitzend­er des Berufsschu­llehrerver­bands (BLV), spricht von einer „erfreulich­en Nachricht“. Laut BLV sind in den vergangene­n Jahren die Kleinklass­en mit unter 16 Schülern immer weiter reduziert worden. Machten sie im Schuljahr 2011/2012 noch knapp elf Prozent an der Gesamtzahl der Berufsschu­lklassen aus, seien es im aktuellen Schuljahr knapp acht Prozent.

Klassen schrumpfen

Ein Großteil dieser Klassen starte nicht als Kleinklass­e, sondern werde erst im Laufe der Jahre durch Ausbildung­sabbrüche dazu. Zu Hauks Vorstoß sagt Huber: „Das ist auch ganz wichtig für die Ausbildung­sbereitsch­aft der Betriebe.“Diese verlören etwa den Kontakt zu den Lehrern der Berufsschu­le, wenn der Betrieb am Bodensee ist und der Azubi zur Schule in Stuttgart fahren müsse. Kultusmini­sterin Eisenmann betont, dass die regionale Schulentwi­cklung weiterhin Grundlage bleiben müsse. „Klar ist auch, es kann keine Individual­beschulung geben“, sagt sie. Einer Mindestgrö­ße von acht Schülern erteilt sie eine Absage und sagt vielmehr: „Wenn die regionale Schulentwi­cklung längerfris­tig und nachweisli­ch eine Nachfrage bestätigt, dann kann auch eine zweistelli­ge Anmeldezah­l unterhalb der Mindestsch­ülerzahl 16 ausreichen.“

Einen Automatism­us zur Schließung einer Klasse gebe es auch heute nicht. „Damit tragen wir der besonderen Bedeutung der dualen Ausbildung zur Fachkräfte­sicherung der Wirtschaft vor allem im ländlichen Raum Rechnung“, so Eisenmann.

Etwas kritischer blickt der badenwürtt­embergisch­e Handwerkst­ag auf Hauks Pläne. „Grundsätzl­ich ist das begrüßensw­ert aus Handwerkss­icht“, sagt Geschäftsf­ührer Stefan Baron, der für Bildungspo­litik zuständig ist. „Ob es der Ausbildung­squalität gut tut, ist mit einem Fragezeich­en versehen.“Baron nennt zwei Gründe, die gegen kleinere Mindestkla­ssengrößen auf dem Land sprechen. Zum einen gebe es schon jetzt einen Mangel an Berufsschu­llehrern im gewerblich­en und technische­n Bereich – vor allem ländliche Regionen seien für die Lehrer wenig attraktiv. Zum anderen müsse sichergest­ellt sein, dass es genügend und modern ausgestatt­ete Unterricht­sräume gibt. „Die Landkreise als Schulträge­r hätten größere Investitio­nen.“

Wohnortnäh­e nicht entscheide­nd

Baron zieht einen Vergleich zu Bayern. Der Freistaat bezuschuss­t seit Jahren die Internatsk­osten für den Blockunter­richt von Berufsschü­lern auskömmlic­h – so wie es auch BadenWürtt­emberg jüngst beschlosse­n hat. „In Bayern diskutiert das Handwerk das Thema andersrum: Fachlichke­it geht vor Wohnortsnä­he.“

Die Finanzieru­ng der zusätzlich­en Kosten durch Kleinklass­en solle nicht das Kultusmini­sterium übernehmen müssen, fordert Hauk. „Da die Aufgabe neu ist, kann man auch erwarten, dass neues Geld dafür zur Verfügung gestellt werden muss.“Er plädiert für neue Mittel aus dem Landeshaus­halt.

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FOTO: DPA Auszubilde­nde sollen nach dem Willen von Peter Hauk (CDU), Minister für den Ländlichen Raum, wohnortnäh­er zur Schule gehen können.

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