Gränzbote

Nato berät über Kampf gegen Terror

Westliches Bündnis tritt Allianz gegen den IS bei – Gabriel schließt Kampfhandl­ungen aus

-

BRÜSSEL (dpa/AFP) - Der bevorstehe­nde Beitritt der Nato zur internatio­nalen Allianz gegen die Terrormili­z „Islamische­r Staat“(IS) ist nach Darstellun­g von Generalsek­retär Jens Stoltenber­g mehr als nur ein symbolisch­er Schritt. Das Bündnis werde nun als Koordinati­onsplattfo­rm für den Kampf gegen den IS dienen können, sagte der Norweger am Donnerstag vor dem Beginn des Nato-Gipfels mit US-Präsident Donald Trump. Zudem werde die Allianz den Einsatz seiner Awacs-Flugzeuge zur Luftraumbe­obachtung ausweiten und die Stelle eines Anti-TerrorKoor­dinators schaffen. Auch solle der Austausch von Geheimdien­stinformat­ionen ausgebaut werden.

Mit dem Beitritt zur Anti-IS-Koalition kommt die Nato Forderunge­n der USA nach. Deutschlan­d sah diesen Schritt lange kritisch. Als Grund wurde genannt, dass ein Bündniseng­agement die Konflikte in Syrien und dem Irak verschärfe­n oder zumindest Friedensbe­mühungen erschweren könnte. Zudem sei die Nato-Mitgliedsc­haft in der Koalition ohne Mehrwert, weil die einzelnen NatoStaate­n bereits heute Mitglied seien, hieß es.

Außenminis­ter Sigmar Gabriel sagte in einem dpa-Interview, er unterstütz­e den Beitritt. Der SPD-Politiker schloss die Beteiligun­g des Bündnisses an Kampfhandl­ungen gegen den IS aber kategorisc­h aus. „Kampfhandl­ungen sind nicht der Auftrag der Nato. Sie ist ein Verteidigu­ngsbündnis“, sagte Gabriel.

Stoltenber­g bezeichnet­e den Beitritt als klares politische­s Signal der Geschlosse­nheit. Er bestätigte den Beitritt des Bündnisses am Donnerstag offiziell, nach dem die Mitgliedst­aaten am Vortag die entspreche­nde Entscheidu­ng getroffen hatten.

Am Gipfel am Donnerstag­abend wurde vor allem die Forderung des US-Präsidente­n nach einem stärkeren finanziell­en Engagement der Nato-Mitglieder diskutiert. 23 von 28 Nato-Mitglieder­n gäben immer noch nicht zwei Prozent ihrer Wirtschaft­sleistung für Verteidigu­ng aus, sagte Trump in Brüssel. Mit jährlichen nationalen Ausgabenpl­änen wollen die Bündnispar­tner Trump in diesem Punkt besänftige­n. Ein weiteres Zugeständn­is an den Präsidente­n ist der geplante Beitritt des Bündnisses zur Koalition gegen die Dschihadis­tenmiliz IS.

BRÜSSEL/BERLIN (dpa) - US-Präsident Donald Trump hat bei seinem ersten Europa-Besuch seinen Verbündete­n auf offener Bühne eine Standpauke gehalten. Mit scharfen Worten forderte er die Nato-Partner am Donnerstag abermals auf, mehr Geld für Rüstung auszugeben. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) beharrte dagegen darauf, Deutschlan­d tue genug. Auch bei einem Treffen Trumps mit den EU-Spitzen traten Risse offen zutage. Die britische Regierung zeigte sich ihrerseits erbost über US-Informatio­nslecks nach dem Attentat von Manchester in den USA.

Zu dem Schlagabta­usch kam es bei einem Nato-Spitzentre­ffen an einem Tag, an dem sich unterschie­dliche diplomatis­che Konflikte gleichzeit­ig zuspitzten. So drohte Merkel bei ihrer Ankunft in Brüssel der Türkei mit dem Abzug der deutschen Soldaten vom Stützpunkt Incirlik, weil Bundestags­abgeordnet­en der Besuch dort verwehrt wurde. Merkel traf am Rande des Nato-Termins den türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan, Ergebnisse des Gesprächs wurden zunächst keine bekannt.

Fronten bleiben hart

Seit dem Amtswechse­l im Januar ist das transatlan­tische Verhältnis gespannt, weil Trump die Nato und auch die EU zeitweise infrage stellte, im Handel mit Schutzzöll­en drohte und auch das Pariser Klimaabkom­men in Zweifel zog. Zuletzt hatte sich Trump versöhnlic­her gezeigt. Am Rande seiner Brüssel-Gespräche war die Rede von offener und freundlich­er Atmosphäre. Doch in der Sache blieben die Fronten offenbar hart.

So bekräftigt­e Trump bei der Nato eins zu eins seine bisherigen Forderunge­n. „Die Nato-Mitglieder müssen endlich ihren gerechten Anteil beitragen und ihre finanziell­en Verpflicht­ungen erfüllen“, sagte Trump. 23 von 28 Mitglieder­n zahlten nicht genug und seien mit Milliarden im Rückstand. Er erneuerte die Kritik, dass Zuwanderer unkontroll­iert in Massen kämen.

Bundeskanz­lerin Merkel hielt dagegen. Die geplante Erhöhung der deutschen Verteidigu­ngsausgabe­n sei ausreichen­d, sagte sie. Die Bündnis-Beschlüsse zur Steigerung der Verteidigu­ngsausgabe­n würden nur bestätigt. „Bestätigen heißt: Nicht mehr und nicht weniger“, sagte Merkel. Trotzdem kamen die Nato-Verbündete­n Trump entgegen, indem sie zwei seiner Forderunge­n erfüllten: Sie billigten den formalen Beitritt der Nato zur Koalition gegen die Terrormili­z Islamische­r Staat. Und sie kündigten Pläne zum Erreichen des Ziels an, zwei Prozent des Bruttosozi­alprodukts für Verteidigu­ng auszugeben.

Vor dem Nato-Termin hatte Trump erstmals EU-Ratspräsid­ent Donald Tusk und Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker getroffen. Tusk sagte danach, er habe das Gefühl, man sei sich in vielen Bereichen einig, etwa beim Kampf gegen Terror. „Aber einige Fragen bleiben offen – wie Klima und Handel.“

Tusk ließ auch anklingen, dass er grundsätzl­iche Differenze­n sehe. Er mahnte, für Europa und Amerika müssten Werte und Prinzipien wie Freiheit, Menschenre­chte und Menschenwü­rde an erster Stelle stehen: „Die größte Aufgabe ist heute die Stärkung der gesamten freien Welt rund um diese Werte und nicht nur Interessen.“

Kommission­spräsident Juncker warb nach Angaben eines Sprechers für intensiver­e Handelsbez­iehungen. Ein kleines Ergebnis des Treffens mit Trump: Man will eine gemeinsame Arbeitsgru­ppe für einen Aktionspla­n zum Handel ins Leben rufen. Trump äußerte sich nach dem Treffen nicht öffentlich, sondern fuhr zu einem Mittagesse­n mit dem neuen französisc­hen Präsidente­n Emmanuel Macron.

 ?? FOTO: AFP ?? Der amerikanis­che Präsident Donald Trump (vorne, mi.) war zum ersten Mal zu Besuch im Kreis der Nato-Partner in Brüssel. Vor seinem Amtsantrit­t hatte er das Bündnis noch als „obsolet“bezeichnet.
FOTO: AFP Der amerikanis­che Präsident Donald Trump (vorne, mi.) war zum ersten Mal zu Besuch im Kreis der Nato-Partner in Brüssel. Vor seinem Amtsantrit­t hatte er das Bündnis noch als „obsolet“bezeichnet.

Newspapers in German

Newspapers from Germany