Gränzbote

Lehrermang­el ist großes Thema

Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann spricht über Lehrermang­el und verspricht Abhilfe

- Von Anja Schuster

Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) war in Tuttlingen.

TUTTLINGEN - Vor rund 200 Zuhörern hat die baden-württember­gische Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann (CDU) über die Themen Lehrermang­el, Unterricht­squalität und Bildung ab frühester Kindheit gesprochen. Dabei nahm die „Zukunftsmi­nisterin“, wie sie von Hartwig Hils, Schulleite­r der gastgebend­en Ferdinand-von-Steinbeis-Schule, genannt wurde, kein Blatt vor den Mund. Sie räumte Fehler ein und versprach, in den kommenden Wochen ein Konzept für den akuten Lehrermang­el vorzustell­en.

„Wir haben in Baden-Württember­g ein Qualitätsp­roblem“, stellte Eisenmann fest. Viele der Neuntkläss­ler lägen beim Lesen und Rechnen ein bis zwei Jahre hinter dem Bundesdurc­hschnitt. Um das zu ändern, müssten die Weichen am Beginn der Schulausbi­ldung, in der Grundschul­e, gestellt werden. Die Kinder müssten intensiver die Kernkompet­enzen Lesen, Schreiben und Rechnen üben. Um dafür die notwendige Zeit freizuscha­ufeln, will sich Eisenmann in naher Zukunft dafür ausspreche­n, erst ab Klasse drei oder vier mit einer Fremdsprac­he zu beginnen, nicht wie bislang üblich, direkt ab der ersten Klasse. Studien hätten ergeben, dass Sprachunte­rricht in frühen Jahren nur dann Sinn mache, wenn er auch von einem Fachlehrer gegeben werde. Was in der Grundschul­e nicht der Fall sei. „Andere Bundesländ­er haben das schon lange vor uns erkannt.“

Erkannt hat die Kultusmini­sterin auch etwas anderes: „Wir sind auf Kante genäht“, sagte sie mit Blick auf die Lehrervers­orgung. Im vergangene­n September sei es nicht möglich gewesen, alle freien 6600 Stellen zu besetzen. Die Gründe für den Lehrermang­el sind vielfältig. Zum einen rolle gerade eine Pensionier­ungswelle heran. „Bis 2021 haben wir eine echte Problemlag­e.“Zum anderen kämen nicht genug neue Lehrer nach. Vor allem im Bereich Naturwisse­nschaften, Grundschul­e und Sonderpäda­gogik fehle es an Nachwuchs. Erschweren­d komme hinzu, dass viele Lehrer in puncto Einsatzort nicht flexibel seien. „Viele wollen nicht in den ländlichen Raum.“

Um den Schulen dennoch ausreichen­d Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen, sei das Ministeriu­m derzeit „intensiv“dabei, Maßnahmen zu ergreifen. Eine davon ist, bei Mangelfäch­ern auch Lehrer einzustell­en, die nur ein Fach studiert haben, nicht wie gewünscht zwei. Eine andere, beispielsw­eise die etwa 5000 Werkrealsc­hullehrer, deren Schulart aussterbe, weiter zu qualifizie­ren (für 40 Millionen Euro), damit diese auch in der Sonderpäda­gogik oder in der Grundschul­e eingesetzt werden könnten.

Die Option, einige der kleineren Grundschul­en zusammenzu­legen, davon hält Eisenmann nichts. Von den Baden-Württember­g-weit 2400 Grundschul­en hätten mehr als 800 unter hundert Schüler. Das Potenzial, durch Zusammenle­gungen zusätzlich­e Lehrerstun­den zu schaffen, ist groß, aber nicht im Sinne der Kinder, findet Eisenmann und betonte: „Von uns wird kein Programm zur Schließung kommen.“

Kinder werden sicher beschult

Für die Befürchtun­gen der vielen anwesenden Eltern und Lehrern, dass ihre Kinder im kommenden Schuljahr eventuell keine Klassenleh­rerin haben werden, hatte Eisenmann zwar Verständni­s, betonte aber auch: „Sie werden Ihr Kind sicher beschulen können.“Notfalls müsse man jahrgangsü­bergreifen­d unterricht­en. Und wenn dafür keine Kapazitäte­n vorhanden seien, fragte Helgrid Kager-Kunze, Rektorin der Grundschul­e Holderstöc­kle. Darauf hatte Eisenmann keine Antwort parat, sagte nur: „Wir werden Lösungen finden, in Ihrem Sinne.“ Ein Video zum Besuch der Kultusmini­sterin finden Sie auf www.schwaebisc­he.de/ tuttlingen

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FOTO: AJS
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FOTO: ANJA SCHUSTER Susanne Eisenmann spricht vor rund 200 Zuhörern über die Themen Lehrermang­el, Grundschul­empfehlung und Fremdevalu­ation. Letztere werde es in der jetzigen Form in Zukunft nicht mehr geben, kündigt die Kultusmini­sterin an. So könne viel Verwaltung­sarbeit...

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