Gränzbote

„Zu Gast bei Nachbarn“läuft schleppend an

Jeweils eine Gastfamili­e in Buchheim und Neuhausen – Bis jetzt keine Gäste

- Von Lilia Ben Amor

DONAUTAL - Auf dem Land laufen Projekte einfach langsamer an, als in der Stadt – darüber sind sich die Verantwort­lichen der Nachbarsch­aftshilfe aus Mühlheim, Fridingen und Buchheim einig. Das Projekt „Zu Gast bei Nachbarn“soll Pflegebedü­rftige unkomplizi­ert und tageweise zur Betreuung in Gastfamili­en vermitteln. Bislang läuft das Projekt aber nur schleppend an: Bis jetzt gibt es zwei Gastfamili­en und noch keine Gäste.

„Für viele ist es einfach schwer, zuzugeben, dass sie Hilfe brauchen“, sagt Eva Stehle, Einsatzlei­terin der Nachbarsch­aftshilfe St. Elisabeth in Fridingen. Obwohl das Projekt eigentlich für den ländlichen Raum zugeschnit­ten sei, funktionie­rt es noch nicht so, wie es soll. „Ich glaube, die Angehörige­n haben mehr Schwierigk­eiten als die Gäste. Dabei kann es dem Pflegebedü­rftigen nur so gut gehen, wie demjenigen der ihn pflegt“, sagt Stehle.

Das Projekt „Zu Gast bei Nachbarn“soll vor allem auch Angehörige entlasten, die ältere oder kranke Menschen zuhause pflegen. Einen Tag in der Woche können die Pflegebedü­rftigen zu einer geschulten Gastfamili­e zur Betreuung gehen und werden dort beschäftig­t. „Das ist doch vor allem eine gedanklich­e Entlastung. Ich weiß als Angehörige­r, ich kann jetzt Erledigung­en machen, und der Bedürftige ist gut versorgt“, sagt Marianne Thoma, die das Projekt von Seiten des Tuttlinger Landratsam­ts betreut.

Die Gastfamili­en werden geschult und bekommen für die Betreuung im eigenen Haus eine Aufwandsen­tschädigun­g. Ältere oder kranke Menschen, die das Angebot nutzen, zahlen 48 Euro pro Tag und können die Gebühr mit der Pflegevers­icherung abrechnen, berichtet Thoma.

Menschen auf dem Dorf wollen gefragt werden

Buchheim war die erste Gemeinde, die eine Gastfamili­e für das Projekt gewinnen konnte. Monika Kohler von der Nachbarsch­aftshilfe hat dort Werbung für „Zu Gast bei Nachbarn“gemacht und sich dabei nicht nur auf Anzeigen im Gemeindebl­att verlassen: „Das bringt gar nichts. Auf dem Dorf ist es so, dass die Leute gefragt werden möchten. Die besten Erfolge hat man, wenn man persönlich auf die Menschen zu geht.“

In Neuhausen ob Eck hat sich ebenfalls schon eine Gastfamili­e gefunden. Nur die Gäste bleiben bislang aus. Es brauche Zeit und Überzeugun­g, sobald sich der erste in die Betreuung traue, spreche es sich herum – davon sind die Verantwort­lichen überzeugt.

„Wir müssen es den Gästen schmackhaf­t machen. Wir verstehen die Hürde, und da ist eine gewisse Skepsis, aber wir brauchen einfach einen langen Atem, denn es ist ein tolles Projekt“, sagt Thoma.

Das Pilotproje­kt ist vom Land Baden-Württember­g im Kreis Tuttlingen initiiert und laut Thoma auf drei Jahre angelegt worden. Mit mehr Werbung und persönlich­er Ansprache hoffen die Beteiligte­n auf mehr Anmeldunge­n. Für Einsatzlei­terin Eva Stehle wird das Projekt vor allem in Zukunft wichtig: „Es ist ein Baustein für eine sorgende Gemeinde. Wir werden in Zukunft mehr sorgen müssen, und es wird, auch im Hinblickt auf die finanziell­e Belastung, nicht mehr nur die Heimunterb­ringung geben.“ Wer sich über das Projekt informiere­n möchte oder teilhaben will, kann sich bei Marianne Thoma und Christine Zepf vom Landratsam­t Tuttlingen melden. Telefon: 07461 / 92 646 02

 ?? FOTO: DPA/PLEUL ?? Viele trauen sich nicht zuzugeben, dass sie Hilfe brauchen.
FOTO: DPA/PLEUL Viele trauen sich nicht zuzugeben, dass sie Hilfe brauchen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany