Gränzbote

Nehmt die Fans endlich ernst!

- Von Filippo Cataldo

Ja, Helene Fischer ist am Samstag von Fußballfan­s so ausgepfiff­en worden, wie sie ziemlich sicher noch nie ausgepfiff­en worden ist. Nein, das hatte nichts mit Helene Fischer zu tun. Nichts mit ihrer Person. Nichts mit ihrer Musik. Dies sei – ehe ihre Rachegelüs­te womöglich überhand nehmen – allen „Helene Fischer Hooligans“, „Helene Fischer Ultras“(solche Gruppen gibt es wirklich!) und sonstigen Anhängern von Deutschlan­ds liebster Volksbardi­n gesagt. Viele, die da am Samstag im Olympiasta­dion während ihres offensicht­lichen Promo-Auftritts für ihre neue Stadiontou­r in der Halbzeitpa­use dieses rassigen und leidenscha­ftlichen DFB-Pokal-Finalspiel­s gepfiffen haben, dürften bei Helenes Hits sonst gern mal mitsingen. Einige könnten vielleicht sogar passable „Helene Fischer Ultras“abgeben, wenn ihr Fan-Herz nicht schon dem Fußball versproche­n wäre.

Fußball war der Grund für die Pfiffe. Besser: das, was Funktionär­e (nicht nur beim DFB) und Geschäftem­acher als Fußball verkaufen. Helene Fischer, nicht sie als Person, nicht ihre Musik, sondern das System Helene Fischer stand am Samstag eben für all das, was vielen Fans – und eben nicht mehr nur Ultras – sauer aufstößt.

Die Pfiffe galten der Überkommer­zialisieru­ng und Eventisier­ung des Fußballs, der Förderung von künstliche­r Stimmung in den Stadien. Die Pfiffe galten einem DFB, der sich einen „Fanclub Nationalma­nnschaft powered by Coca Cola“leistet und dem als einzige Reaktion auf sinkende Zuschauerz­ahlen bei Länderspie­len einfällt, in kleinere Stadien zu ziehen. Die Pfiffe galten den Funktionär­en, die wegen der Bedürfniss­e der Pay-TV-Sender die Spieltage zulasten von Amateuren und arbeitende­n Fans immer weiter auffächern – künftig werden auch montags Erstligasp­iele stattfinde­n. Die Pfiffe galten dem Ausrüster Adidas, dessen Boss davon träumt, das DFB-Pokalfinal­e künftig in Shanghai auszutrage­n, weil es da mehr zu verdienen gibt. Doch Fußballfan­s sind keine Idioten, die alles mit sich machen lassen. Also pfeifen sie.

Richtig so. f.cataldo@schwaebisc­he.de

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