Gränzbote

Strobl-Mitarbeite­r hilft Menschen bei Flucht vor dem IS

Mann aus dem Innenminis­terium geht in seiner Freizeit einer heiklen Betätigung nach

- Von Tatjana Bojic

STUTTGART (lsw) - Ein Mitarbeite­r des baden-württember­gischen Innenminis­teriums steht in der Kritik, weil er in seiner Freizeit Menschen bei der Flucht aus Gebieten der Terrormili­z Islamische­r Staat (IS) unterstütz­t hat. Die opposition­elle FDPFraktio­n im Landtag sieht Aufklärung­sbedarf. Deren rechtspoli­tischer Sprecher, Nico Weinmann, fordert Informatio­nen, wie und wann das Ministeriu­m über die Aktivitäte­n seines Mitarbeite­rs informiert war. „Der Fall hat eine gewisse Brisanz, wenn jemand aus dem Innenminis­terium, der Zugang zu gewissen Informatio­nen hat, sich in seiner Freizeit als Fluchthelf­er betätigt“, sagte Weinmann am Sonntag in Stuttgart. SWR und die Zeitschrif­t „Spiegel“hatten zuerst berichtet. „Das ist ein Skandal“, sagte ein hochrangig­er deutscher Sicherheit­sexperte dem SWR.

Das Innenminis­terium sieht in dem Fall jedoch kein Problem. „Die ehrenamtli­che Tätigkeit des Mitarbeite­rs hat keinen Bezug zu seiner dienstlich­en Tätigkeit“, sagte der Sprecher von Innenminis­ter Thomas Strobl (CDU) am Sonntag auf Anfrage. Der Staatssekr­etär im Innenminis­terium, Martin Jäger, sei vorab über die Tätigkeite­n informiert worden. Daniel K. ist wissenscha­ftlicher Referent des im Dezember 2015 gegründete­n „Kompetenzz­entrums zur Koordinier­ung des Prävention­snetzwerks gegen (islamistis­chen) Extremismu­s in BadenWürtt­emberg“(KPEBW). Vorsitzend­er des aus 13 Mitglieder­n bestehende­n Lenkungsau­sschusses ist Staatssekr­etär Jäger.

Wie der „Spiegel“in seiner Ausgabe vom 20.5. zudem berichtet, soll der Referent bei der Fluchthilf­e für Laura H., einer niederländ­ischen Konvertiti­n aus der IS-Hochburg Mossul im Norden Iraks, eine tragende Rolle gespielt haben. Er soll die Rettungsak­tion, die daneben ging, organisier­t haben.

Laura H. und ihre Familie gerieten nach „Spiegel“-Informatio­nen in einen Schusswech­sel zwischen Peschmerga-Milizen und IS-Kämpfern. Der Mann von Laura H. wurde dabei offenbar schwer verletzt. Laura H. konnte sich retten. Dazu waren aus dem Stuttgarte­r Innenminis­terium zunächst keine Informatio­nen zu erhalten.

Ehrenamtli­ch unterwegs

Der wissenscha­ftliche Referent sagte dem SWR, dass er schon mehrmals ausländisc­he Familien beraten habe, deren Angehörige beim IS waren. Immer ehrenamtli­ch, außerhalb seines Jobs beim Ministeriu­m. Er hat nach eigenen Angaben im Fall Laura H. auch Kontakt zu privaten Sicherheit­sleuten im Irak hergestell­t, die er selbst nicht kannte.

Für einen hochrangig­en deutschen Sicherheit­sexperten, der namentlich nicht genannt werden wollte, ist der Vorgang ein „Skandal“. Das sagte er dem SWR. Ein Ministeriu­msmitarbei­ter dürfe sich an so etwas nicht beteiligen – schon gar nicht in der Freizeit. Er könne damit Menschen in Gefahr bringen. Das sei ein Unding. Das Innenminis­terium hätte das verhindern müssen.

Der wissenscha­ftliche Mitarbeite­r im Innenminis­terium betreibt auch ein Institut, das sich mit Radikalisi­erung beschäftig­t. Er ist laut dem FDP-Politiker Weinmann Gründer und Direktor des „German Institute on Radicaliza­tion and De-radicaliza­tion Studies“(GIRDS/Berlin).

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FOTO: DPA Nach wie vor fliehen in Mossul Zivilisten vor den dortigen Kämpfen. Offenbar hat ein Mitarbeite­r des baden-württember­gischen Innenminis­teriums geholfen, Menschen aus der irakischen Stadt herauszuho­len.

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