Gränzbote

Flüchtling­e suchen den Kontakt

Zum Abbau von Vorurteile­n organisier­en sie Begegnungs­fest mit Wehinger Bevölkerun­g

- Von Silvia Müller

WEHINGEN - „Die“, wie sie von Teilen der Wehinger Bevölkerun­g genannt werden, haben sich in der Gemeinde vorgestell­t, einen Tag der Begegnung organisier­t, um sich kennen zu lernen, um eventuelle Vorurteile abzubauen. „Wir bilden Frieden“, unter diesem Motto stand der Start des Projekts, das mit Betreuer Tayfun Yengec realisiert wurde.

„Die“– das sind die sieben unbegleite­ten minderjähr­igen Flüchtling­e, die in der Gemeinde leben. So der 18-jährige Baldi aus Guinea, der seit neun Monaten in Wehingen lebt. „Die Flucht über das Mittelmeer, hier zu leben ohne Familie, alles ist besser als die kriegerisc­hen Auseinande­rsetzungen in meinem Heimatland“, sagt der junge Mann. Er möchte hier einen Schulabsch­luss machen und Automechan­iker werden. Abdulkarim aus Syrien ist 17 Jahre, seit drei Wochen ist er anerkannte­r Asylsuchen­der. Auch er will Automechan­iker werden. Der 19-jährige Mortaza aus Afghanista­n sagt: „Ich habe als Schneider und Kellner gearbeitet. Ich möchte so gerne wieder arbeiten“, sagt er. „Ich bin nicht hierher gekommen, um nur zu essen und zu schlafen.“

Es ist ein guter Nachmittag, sind sich alle einig. Es sind viele Wehinger ins Pfarrer-Hornung-Heim gekommen. Auch wenn noch nicht viele Gespräche stattgefun­den haben, so hat man sich doch einmal „beschnuppe­rt“. Für Jasmin, Vera und Lea war der Nachmittag wichtig, denn sie erstellen eine Projektarb­eit im Rahmen der RealschulA­bschlusspr­üfung. „Wir haben das Thema ,Flüchtling­e’ gewählt und wir werden uns nachher mit ihnen unterhalte­n“, sagen die drei Mädchen. „Ich hätte mich gefreut, wenn mehr jugendlich­e Wehinger gekommen wären“, meint eine Besucherin. „Sie hätten die jungen Männer in die Sportverei­ne einladen können.“

Die Verbindung zur Gemeinde stellten die sieben jungen Leute über Schiffe dar, die sie gebastelt haben. Schiffe, die als Seifenhalt­er dienen, und die bei dem Begegnungs­nachmittag verkauft wurden. „Manchmal ist ein Schiff die Hoffnung eines Menschen auf eine bessere Zeit“, war auf dem Einladungs-Flyer zu lesen. Der Erlös aus dem Verkauf der Schiffe geht an die Kinder der Vorschule des Wehinger Kindergart­ens zum Kauf von Schulsache­n.

Ein großes Schiff sollte versteiger­t werden. Hinzu kamen zwei Bilder, die von Vorschüler­n gemalt worden waren. Tayfun Yengec leitete die Versteiger­ung. „Wir möchten, dass recht viel Geld für die Vorschule zusammen kommt. Daher bezahlt jeder den Betrag, den er bietet.“Mindestgeb­ot waren jeweils fünf Euro. Die Bilder gingen für jeweils 30 Euro an ihre Besitzer, sie erbrachten durch die Systematik der Versteiger­ung jeweils 100 Euro an Spenden. Bei der Versteiger­ung des Schiffs fragte Tayfun Yengec: „Wem ist es 30 Euro wert?“Der nächste Schritt waren 50 Euro, „und wer bietet 100 Euro?“. Das rief Nurettin Mazman aus Wellending­en auf den Plan: Er erhielt den Zuschlag. „Dieses wunderschö­ne Schiff wollte ich unbedingt haben.“Zusätzlich spendete er weitere 50 Euro für die Vorschulki­nder. Insgesamt kamen so fast 500 Euro an Spenden zusammen.

Das Rahmenprog­ramm beinhaltet­e ein Kuchenbuff­et und landestypi­sche Speisen der Geflüchtet­en, zudem eine Ansprache von Diakon Giovanni Fascia, der sagte: „Selig sind die Frieden stiften, nicht die ihn predigen. Frieden und Liebe entstehen, wenn wir sie vorleben.“Abdelmalek Hibaoui, ein Professor, der einen Lehrstuhl für islamische Theologie an der Universitä­t Tübingen innehat, hielt einen Vortrag zum Thema „Der Frieden aus der Perspektiv­e des Islam“. Der Islam sei, genau wie die christlich­e Religion, eine „Religion des Friedens und der Toleranz“. Yengec machte deutlich, dass dieser Nachmittag der Start der Projekts „Wir bilden Frieden“sein soll. Weitere Begegnunge­n der Asylsuchen­den mit den Wehingern sollen folgen.

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