Flüchtlinge suchen den Kontakt
Zum Abbau von Vorurteilen organisieren sie Begegnungsfest mit Wehinger Bevölkerung
WEHINGEN - „Die“, wie sie von Teilen der Wehinger Bevölkerung genannt werden, haben sich in der Gemeinde vorgestellt, einen Tag der Begegnung organisiert, um sich kennen zu lernen, um eventuelle Vorurteile abzubauen. „Wir bilden Frieden“, unter diesem Motto stand der Start des Projekts, das mit Betreuer Tayfun Yengec realisiert wurde.
„Die“– das sind die sieben unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge, die in der Gemeinde leben. So der 18-jährige Baldi aus Guinea, der seit neun Monaten in Wehingen lebt. „Die Flucht über das Mittelmeer, hier zu leben ohne Familie, alles ist besser als die kriegerischen Auseinandersetzungen in meinem Heimatland“, sagt der junge Mann. Er möchte hier einen Schulabschluss machen und Automechaniker werden. Abdulkarim aus Syrien ist 17 Jahre, seit drei Wochen ist er anerkannter Asylsuchender. Auch er will Automechaniker werden. Der 19-jährige Mortaza aus Afghanistan sagt: „Ich habe als Schneider und Kellner gearbeitet. Ich möchte so gerne wieder arbeiten“, sagt er. „Ich bin nicht hierher gekommen, um nur zu essen und zu schlafen.“
Es ist ein guter Nachmittag, sind sich alle einig. Es sind viele Wehinger ins Pfarrer-Hornung-Heim gekommen. Auch wenn noch nicht viele Gespräche stattgefunden haben, so hat man sich doch einmal „beschnuppert“. Für Jasmin, Vera und Lea war der Nachmittag wichtig, denn sie erstellen eine Projektarbeit im Rahmen der RealschulAbschlussprüfung. „Wir haben das Thema ,Flüchtlinge’ gewählt und wir werden uns nachher mit ihnen unterhalten“, sagen die drei Mädchen. „Ich hätte mich gefreut, wenn mehr jugendliche Wehinger gekommen wären“, meint eine Besucherin. „Sie hätten die jungen Männer in die Sportvereine einladen können.“
Die Verbindung zur Gemeinde stellten die sieben jungen Leute über Schiffe dar, die sie gebastelt haben. Schiffe, die als Seifenhalter dienen, und die bei dem Begegnungsnachmittag verkauft wurden. „Manchmal ist ein Schiff die Hoffnung eines Menschen auf eine bessere Zeit“, war auf dem Einladungs-Flyer zu lesen. Der Erlös aus dem Verkauf der Schiffe geht an die Kinder der Vorschule des Wehinger Kindergartens zum Kauf von Schulsachen.
Ein großes Schiff sollte versteigert werden. Hinzu kamen zwei Bilder, die von Vorschülern gemalt worden waren. Tayfun Yengec leitete die Versteigerung. „Wir möchten, dass recht viel Geld für die Vorschule zusammen kommt. Daher bezahlt jeder den Betrag, den er bietet.“Mindestgebot waren jeweils fünf Euro. Die Bilder gingen für jeweils 30 Euro an ihre Besitzer, sie erbrachten durch die Systematik der Versteigerung jeweils 100 Euro an Spenden. Bei der Versteigerung des Schiffs fragte Tayfun Yengec: „Wem ist es 30 Euro wert?“Der nächste Schritt waren 50 Euro, „und wer bietet 100 Euro?“. Das rief Nurettin Mazman aus Wellendingen auf den Plan: Er erhielt den Zuschlag. „Dieses wunderschöne Schiff wollte ich unbedingt haben.“Zusätzlich spendete er weitere 50 Euro für die Vorschulkinder. Insgesamt kamen so fast 500 Euro an Spenden zusammen.
Das Rahmenprogramm beinhaltete ein Kuchenbuffet und landestypische Speisen der Geflüchteten, zudem eine Ansprache von Diakon Giovanni Fascia, der sagte: „Selig sind die Frieden stiften, nicht die ihn predigen. Frieden und Liebe entstehen, wenn wir sie vorleben.“Abdelmalek Hibaoui, ein Professor, der einen Lehrstuhl für islamische Theologie an der Universität Tübingen innehat, hielt einen Vortrag zum Thema „Der Frieden aus der Perspektive des Islam“. Der Islam sei, genau wie die christliche Religion, eine „Religion des Friedens und der Toleranz“. Yengec machte deutlich, dass dieser Nachmittag der Start der Projekts „Wir bilden Frieden“sein soll. Weitere Begegnungen der Asylsuchenden mit den Wehingern sollen folgen.