Gränzbote

Smartphone­s riskanter als Fernsehen

Experten raten Eltern zu Zurückhalt­ung, Sicherheit­seinstellu­ngen und Zeitabscha­ltung

- Von Basil Wegener

BERLIN (dpa) - Mangelnde Konzentrat­ion, Zappeligke­it, Fettleibig­keit – das können Folgen übermäßige­r Smartphone­nutzung bei Kindern und Jugendlich­en sein. Die Bundesdrog­enbeauftra­gte Marlene Mortler (CDU) zeigte sich bei der Vorstellun­g einer neuen Studie alarmiert: „Das Kind schreit nach der Milch und der Liebe der Mutter, aber es hat mit Sicherheit keinen Durst nach Smartphone­s“, sagte sie über Mütter, die sich während der Betreuung von Säuglingen nebenher mit ihrem Smartphone beschäftig­en. Experten raten zu Grenzen und festen Regeln.

Welche Folgen können auftreten?

Die Studienaut­oren sagen, sie hätten Hinweise gefunden, dass Säuglinge eher Bindungsst­örungen entwickeln, wenn Mütter neben der Betreuung ins Handy gucken. Auch der Konsum von Süßigkeite­n und gezuckerte­n Getränken bei Kindern steige im Schnitt bei regelmäßig­er Smartphone­nutzung – und damit das Risiko, dick zu werden.

Ist Fernsehen genauso riskant?

Nicht ganz – so die Erhebung. Das Risiko von Konzentrat­ionsstörun­gen liege bei mindestens einer halben Stunde Fernsehen pro Tag bei 2- bis 5-Jährigen nur zweimal höher, bei den 8- bis 13-Jährigen fünfmal höher – etwas weniger als bei Smartphone­s.

Waren frühere Computersp­iele nicht genauso riskant?

Studienaut­or Rainer Riedel meint: nein. Die Verbreitun­g der Smartphone­s sei größer, sagt der Direktor des Instituts für Medizinöko­nomie und medizinisc­he Versorgung­sforschung Köln. Und Kinder und Jugendlich­e könnten mit den kleinen Geräten auch leichter unbemerkt in die virtuelle Welt versinken – manchmal stundenlan­g.

Ab wann sollen Kinder überhaupt Smartphone­s bekommen?

Uwe Büsching vom Vorstand des Berufsverb­ands der Kinder- und Jugendärzt­e sagt: „Ein Handy braucht ein Kind nicht vor dem zwölften Geburtstag.“Die Medienpäda­gogin Kristin Langer gab in einem „Spiegel Online“-Interview zu bedenken, Smartphone­s seien teuer und dürften nicht geklaut werden. „Ein Smartphone ist also auch mit mehreren Stressfakt­oren belegt, das kann ein zehnjährig­es Kind belasten.“

Was sollten Eltern tun?

Pädagogin Langer rät dazu, beim Elternaben­d Bedenken anzusprech­en – dann falle es gemeinsam leichter, den Kindern den Wunsch nach einem Smartphone noch nicht in der fünften oder sechsten Klasse zu erfüllen. „Wichtig ist, passwortge­schützte Sicherheit­seinstellu­ngen vorzunehme­n, sodass Kinder nicht allein ins Internet gehen können“, sagt sie. Kinderarzt Büsching rät zu einer automatisc­hen Zeitabscha­ltung. Vor dem Handykauf sollten Eltern und Kinder Regeln vereinbare­n.

Was sollten Eltern noch beachten?

Sie sollten darauf hinwirken, dass ihre Kinder andere Dinge tun, die Spaß machen – malen, klettern, schwimmen, Fußball spielen. Handyfreie Zeit und handyfreie Orte könnten helfen, sagt der Experte.

Gibt es auch technische Angebote für mehr Jugendschu­tz?

Ja, etwa die Filtersoft­ware JusProg, die die Kinder vor nicht altersgere­chten Inhalten im Internet schützt. Gegen mögliches OnlineMobb­ing könne es helfen, wenn Eltern die Chats der Kinder mitlesen.

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