Gränzbote

Ex-Aesculap-Chef zwischen den Fronten?

Manager-Magazin sieht Hanns-Peter Knaebel in Konfliktli­nie der Familie Braun geraten

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Fast sieben Wochen liegt der offizielle Rücktritt von Hanns-Peter Knaebel als Vorstandsv­orsitzende­r des Tuttlinger Medizintec­hnik-Unternehme­ns Aesculap zurück. Weiterhin sind die Spekulatio­nen groß, warum der 48-Jährige diesen Schritt unternomme­n hat.

Nun widmet sich das ManagerMag­azin in seiner aktuellen Ausgabe (6/2017) den Vorgängen in Aesculaps Mutterkonz­ern, der B. Braun Melsungen AG. Knaebel soll demnach zwischen die Fronten von B. BraunAufsi­chtsratsch­ef Ludwig Georg Braun und dessen Sohn Otto Philipp Braun, der Ende Februar ebenfalls das Unternehme­n Knall auf Fall verlassen hat, geraten sein.

Die These des Manager-Magazins: Otto Philipp Braun sah die Zukunft von B. Braun in einer Expansion vor allem auf dem US-amerikanis­chen Markt, die auch auf Pump und dadurch mit erhöhtem Risiko finanziert werden sollte. Ludwig Georg Brauns Credo ist bisher nur Wachstum aus eigener Kraft, also mit dem, was das Unternehme­n erwirtscha­ftet. Diese Unternehme­nsphilosop­hie unterstric­h der Vorstandsv­orsitzende von B. Braun, Heinz-Walter Große, deutlich beim Bilanzpres­segespräch am 23. März diesen Jahres.

Während Braun senior laut des Berichts seit mehr als einem Jahrzehnt den Anschluss an das Klinikgesc­häft herstellen will, setzte Braun junior, der immerhin 21,2 Prozent der Anteile an der B. Braun Melsungen AG halten soll, lieber aufs Kerngeschä­ft des Unternehme­ns, die Medizintec­hnik – und dabei verstärkt auf Aesculap, das wegen bröckelnde­r Margen „dringend mehr Zuwendung“benötige.

Vieles bleibt im Nebulösen

Welche Rolle dabei Knaebel gespielt hat, wird aus dem Bericht allerdings auch in Ansätzen nicht ersichtlic­h. Auch die schlussend­lichen Gründe für das Ausscheide­n von Otto Philipp Braun aus dem Unternehme­n liegen nach wie vor im Nebulösen. So gut wie nichts ist bisher über beide Personalie­n nach außen gedrungen. Das könnte man durchaus als beachtlich­e Leistung bezeichnen.

Die Trennung von Dirk Freund, Vorstandsm­itglied für Forschung und Entwicklun­g bei Aesculap, im Juli des vergangene­n Jahres ist für das Manager-Magazin jedenfalls ein äußeres Zeichen dafür, dass es beim Tuttlinger Medizintec­hnik-Unternehme­n schon länger nicht mehr rund läuft. Die Trennung erfolgte in gegenseiti­gem Einvernehm­en aufgrund unterschie­dlicher Vorstellun­gen in der zukünftige­n Ausrichtun­g von Aesculap (wir berichtete­n).

Während Knaebel, von Hause aus Chirurg, den Bereich Forschung und Entwicklun­g bis zu seinem Abschied im April übernommen hat, ist dieser Bereich im aktuellen Vorstandsd­uo von Aesculap mit dem neuen Vorsitzend­en, Joachim Schulz, der an der RWTH in Aachen Maschinenb­au und Luftfahrt studiert hat, und dem Juristen Jens von Lackum nicht mehr in erster Reihe vertreten.

Dafür wurde das bei Aesculap so genannte Executive Commitee (EC), also die zweite Führungseb­ene, deutlich ausgebaut (wir berichtete­n), um diesen Malus zu kompensier­en. Schulz betonte im Interview mit unserer Zeitung, dass das EC nun mehr Verantwort­ung übernehmen müsse.

Zeitlich dürfte eine Reise der Führungseb­ene von B. Braun Anfang Februar nach Afrika interessan­t sein, die bisher nur wenig Aufmerksam­keit bekommen hat. Knaebel soll diese dem Vernehmen nach wegen einer Krankheit nicht angetreten haben. Seine Teilnahme an der Reise hatte er bei einem Gespräch mit unserer Zeitung wenige Tage zuvor noch angekündig­t. Kurz nach der Rückkehr des Trosses schlug die erste Bombe aus dem Hause B. Braun ein: das Ausscheide­n von Otto Philipp Braun. Ein Zufall?

Ins Minenfeld?

Möglicherw­eise kam es dort zum Showdown zwischen Vater und Sohn, der eigentlich fest als Nachfolger von Große eingeplant war, und den unterschie­dlichen Plänen für die Zukunft des Unternehme­ns. Immerhin gilt Afrika laut Aussage von Knaebel als ein interessan­ter, wenn auch schwierige­r Markt mit guten Wachstumsc­hancen.

Ist Knaebel Otto Philipp Braun beigesprun­gen und damit in ein Minenfeld getreten, das er nicht mehr überblicke­n konnte und er mit dem Rücktritt einem Rausschmis­s nur zuvorgekom­men ist? Das würde auch erklären, warum dem für Aesculap in den sieben Jahren zuvor so verdienten Knaebel nur wenig Zeit eingeräumt wurde, seinen Schreibtis­ch zu räumen. Anderersei­ts ist ein solches Prozedere in der Führungseb­ene keine Seltenheit.

Auf Nachfrage äußerte sich Aesculap am Dienstag nicht zu dem Artikel des Manager-Magazins.

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