Einbrecher gestehen, Rätsel bleiben
Verständigung im Prozess, aber keine Klärung über eventuelle Hintermänner
ROTTWEIL/TUTTLINGEN - Auch wenn die beiden Angeklagten am dritten Verhandlungstag vor dem Landgericht Rottweil ein Geständnis abgelegt haben, bleiben offene Fragen und Ungereimtheiten. Ungeklärt ist, ob hinter den Taten eine organisierte, mafiöse Bande steckt. Dafür gibt es Indizien, aber keine Beweise.
„Wieso kommt man von Berlin ausgerechnet nach Trossingen?“, fragte Karlheinz Münzer, der Vorsitzende Richter. Die beiden Männer auf der Anklagebank, 46 und 31 Jahre alt, waren per Fernbus von Litauen nach Berlin gereist und von dort per Mietwagen weiter nach Trossingen, wo sie ihren Beutezug starteten.
Immer wieder Ungereimtheiten
„Zufall“, antworteten die Litauer. An der Schweizer Grenze hätten sie „reiche Leute“vermutet. Der weitere Weg führte vom 13. September bis 21. Dezember quer durch die Region, aber gezielt zu Einfamilienhäusern der gehobenen Klasse in meist abgelegenen und für Fremde nur schwer zu findenden Straßen. Sie hätten die Häuser im Vorfeld nicht ausgekundschaftet, erzählten sie, sondern seien spontan darauf gestoßen. Auffallend: Es war immer um die Mittagszeit und nie war jemand daheim – bis auf eine Ausnahme in Böttingen, die dann das Ende einleitete. Übernachtet haben sie in Waldshut-Tiengen, zunächst im Wohnwagen, später im Hotel.
Schon die zweite Station, nach Trossingen, ließ das Gericht an Zufall zweifeln: Nachdem die Täter in Rietheim-Weilheim Geld und Schmuck im Wert von rund 320 000 Euro erbeutet hatten, flüchteten sie mit einem Tresor im Jeep des Hausherrn und stellten das Auto in Tuttlingen kaum 100 Meter von dessen Firma ab. Das zeige doch, dass man den Mann beobachtet haben müsse, meinte Münzer. Nein, das sei reiner Zufall gewesen, bekam er zur Antwort.
Die Tour ging weiter über Weilersbach, Hattingen, Volkertshausen (zwei Einbrüche), Wutach, Neuhausen ob Eck, Deißlingen, Böttingen – ebenso die Serie der Ungereimtheiten.
Der betroffene Mann aus Hattingen wunderte sich, dass sein Holzhaus vor Jahren von Litauern gebaut worden war. Der Betroffene in Hardt wunderte sich, warum bei ihm schon zum dritten Mal eingebrochen worden sei, obwohl in seiner Straße doch „viel wertvollere Häuser stehen“.
Die Angeklagten gestanden alle Einbrüche und machten auch Aussagen über ihre Beute. Aber das schleppte sich zäh dahin, dass selbst der Verteidiger des 46-Jährigen die Geduld verlor. „Das ist kein Geständnis“, rügte er seinen Mandanten, „sondern ein aus der Nase ziehen. Ich bewundere die Geduld des Gerichts. So macht eine Verständigung keinen Sinn.“Nach einer Bedenkpause wurde es unwesentlich besser.
Staatsanwalt Markus Wagner bezifferte den Wert von Bargeld, Uhren und Schmuck auf rund 400 000 Euro. Erlöst hätten sie durch Weiterverkauf auf dem Schwarzmarkt in Litauen, so die Täter, insgesamt 30 000 Euro.
Am 21. Dezember verübten sie Einbrüche in Neuhausen, Deißlingen und Böttingen – in dieser Reihenfolge und alle um die Mittagszeit. In Böttingen flüchteten sie unverrichteter Dinge, nachdem ein 20-Jähriger durch den bellenden Hund aus dem Mittagsschlaf erwacht und nachgeschaut hatte. Ein Nachbar hatte die Autonummer notiert, weshalb die Täter Stunden später auf der Rückfahrt nach Berlin von der Polizei gestoppt wurden.
Enorme Beute – Wenig Erlös?
Rätsel gibt auch ein Einbruchversuch in Großhansdorf (Schleswig-Holstein) bereits im August 2016 auf. Der 46-Jährige gestand, wollte aber seinen Komplizen nicht nennen, dem die Flucht gelungen war. Der 31-Jährige sagte, er sei es nicht gewesen.
Und dann ist da noch die Frage nach dem dritten Mann, der mit den beiden vor ihrem Beutezug in einem Berliner Hotel übernachtet haben soll. Es gebe keinen dritten Mann, sagten die beiden auf Frage von Richter Münzer.
Jetzt soll am 13. Juni um 16 Uhr noch eine Gutachterin gehört und am 23. Juni das Urteil verkündet werden.