Gränzbote

Zu lange ein Auge zugedrückt

- Von Andreas Herholz

Katar, eine Insel des Terrors, das schillernd­e Emirat als Pate des „Islamische­n Staates“– plötzlich sind die Aufregung und das Entsetzen groß. Plötzlich reagieren die arabischen Nachbarn und setzen auf Isolation. Da werden Diplomaten abgezogen, Geldquelle­n geschlosse­n und alle möglichen Verkehrsad­ern gekappt. Dabei ist es seit Jahren ein offenes Geheimnis, dass das kleine reiche Emirat am Golf die islamistis­che Terrormili­z unterstütz­t und fördert, ihrem Führungspe­rsonal Unterschlu­pf gewährt und auch zum Iran, mit dem vor allem die Saudis im Clinch liegen, enge Beziehunge­n unterhält.

Hinter der glänzenden Luxusfassa­de Katars verbirgt sich ein radikales, rücksichts­loses Regime, unmenschli­ch und voller Gewalt. Doch angesichts der lukrativen Geschäftsb­eziehungen und winkender Milliarden­aufträge haben nicht wenige Staaten mehr als ein Auge zugedrückt. Ob Volkswagen oder die Deutsche Bank – die Ölmilliard­en der Scheichs sind weltweit und weitverzwe­igt in internatio­nalen Konzernen angelegt. Auch die Bundesregi­erung genehmigte in der Vergangenh­eit immer wieder üppige Waffenlief­erungen.

Dass sich jetzt aber ausgerechn­et Saudi-Arabien an die Spitze dieser Strafaktio­n der Nachbarn begibt und eine Krise auslöst, ist bemerkensw­ert. Schließlic­h ist auch Riad kein Kind von Traurigkei­t, wenn es um den Einsatz von Gewalt und die Missachtun­g der Menschenre­chte geht. Saudi-Arabien selbst steht im Verdacht, den islamistis­ch motivierte­n Terror zu fördern und für seine Interessen zu instrument­alisieren. Was genau der jüngste Besuch von US-Präsident Donald Trump mit dieser Entwicklun­g und Isolation Katars zu tun hat, bleibt allerdings noch abzuwarten. Ein überzeugen­der diplomatis­cher Plan einer Weltmacht ist allerdings bisher nicht erkennbar.

Allein der Entzug oder der Boykott der Fußball-Weltmeiste­rschaft 2022 in Katar jedenfalls würde zu kurz greifen. Dies kann allenfalls ein Mosaikstei­n einer internatio­nalen Strategie sein. politik@schwaebisc­he.de

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