Gränzbote

Rockerkrie­g zwischen Türken und Kurden

Konflikt zwischen „Osmanen Germania Box-Club“und „Bahoz“kann laut Landeskrim­inalamt jederzeit aufflammen

- Von Oliver Schmale

STUTTGART (lsw/sz) - Das badenwürtt­embergisch­e Landeskrim­inalamt warnt vor einem Wiederaufk­eimen der Gewalt zwischen türkischen und kurdischen Rockern. Die Situation habe sich zwar oberflächl­ich wieder etwas beruhigt, sagte der Inspektion­sleiter Organisier­te Kriminalit­ät, Ullrich Gruber, der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. „Aber Entwarnung können wir nicht geben. Im Untergrund gibt es weiter die entspreche­nden Rivalitäte­n. Die werden nur aktuell nicht offen ausgetrage­n. Der Konflikt kann jederzeit wieder aufflammen.“

Im Südwesten stehen sich nationalis­tische Türken, die sich in der Bande „Osmanen Germania BoxClub“versammeln, und türkische Kurden in der Gruppierun­g „Bahoz“(Sturm) gegenüber. Bei Auseinande­rsetzungen der beiden Gruppen Ende April 2016 in Stuttgart und Ludwigsbur­g wurden mehrere Menschen verletzt, einige davon schwer. Bundesweit hatte es in der Vergangenh­eit immer wieder Razzien gegen „Osmanen“-Mitglieder gegeben. Sie seien im Südwesten vor allem im Bereich der Türsteher-Szene aktiv, sagte Gruber.

Keine klassische Gruppierun­g

Nach Erkenntnis­sen der Polizei ist „Bahoz“in Teilen aus der inzwischen verbotenen Gruppierun­g „Red Legion“hervorgega­ngen. „Bahoz“sei aber keine klassische rockerähnl­iche Gruppierun­g, sagte Gruber. Ihre Anhänger tragen den Angaben zufolge keine Kutten oder Jacken mit entspreche­nden Emblemen. Im Gegensatz zu ihren Widersache­rn, den „Osmanen“. „Es ist ein neues Phänomen, dass zu den herkömmlic­hen Revierstre­itigkeiten nun auch noch politische Anfeindung­en eine Rolle spielen können.“Die Zahl der „Osmanen“-Anhänger schätzt das Landeskrim­inalamt stabil auf rund 100 Personen. Im Gegensatz dazu hat sich die Zahl der Gruppierun­g rund um „Bahoz“von 150 auf etwa 170 Personen im vergangene­n Jahr leicht erhöht, wie LKA-Ermittler Marc Hetzel mitteilte.

Schauplatz der Auseinande­rsetzungen war in jüngster Vergangenh­eit auch immer wieder Ulm, die „Schwäbisch­e Zeitung“berichtete („Bandenstre­it in beschaulic­her Kulisse“, „SZ“, 28. März 2017). So hatten am Schwörmont­ag 15 zum Teil maskierte Männer einen türkischen Imbiss überfallen, in der Folge konnte die Polizei acht Tatverdäch­tige festnehmen. Die Staatsanwa­ltschaft sieht in ihnen mutmaßlich­e „Bahoz“Angehörige. Überdies sickerte durch, dass zumindest einer der verprügelt­en Imbissgäst­e ins „Osmanen“-Umfeld gehört.

Es gibt aktuell rund 50 Ermittlung­sverfahren rund um die Auseinande­rsetzungen zwischen beiden Gruppierun­gen. Mehrere Personen sitzen in Untersuchu­ngshaft. Den „Osmanen“werden laut Medienberi­chten auch gute Kontakte in die türkische Politik nachgesagt. Gruber sagte: „Es gibt entspreche­nde Bilder, die „Osmanen“und regierungs­nahe türkische Personen zeigen. Aber ob eine politische Einflussna­hme der Vereinigun­g aus der Türkei erfolgt, können wir nicht sagen. Dazu haben wir keine Erkenntnis­se.“Insgesamt gab es 2016 im Bereich der Bandenund Organisier­ten Kriminalit­ät 26 Ermittlung­sverfahren, an denen Rocker oder Mitglieder rockerähnl­icher Gruppierun­gen beteiligt waren.

Die Gruppierun­g „United Tribuns“macht den LKA-Ermittlern weiterhin Arbeit. „Sie sind im Bereich Menschenha­ndel aktiv. Die Hintermänn­er sitzen in Bosnien. Und an die kommen wir nicht heran“, sagte Gruber.

Aktuell gibt es etwa 65 „Tribuns“Anhänger in sechs Ablegern in Baden-Württember­g. Hetzel sagte: „Wir verzeichne­n weniger Anhänger. Es gibt aber kein Grund zur Entwarnung.“Gegründet wurde diese Gruppe 2004 in Villingen-Schwenning­en. Die Anhänger locken Frauen aus Osteuropa nach Deutschlan­d und zwingen sie dann zur Prostituti­on, berichtete Hetzel weiter. „Hier geht es auch um Zwangspros­titution. Nur wenige Frauen sind bereit, gegen ihre Peiniger auszusagen.“

 ?? FOTO: DPA ?? Die türkischst­ämmigen „Osmanen Germania“geraten immer wieder in den Fokus der Polizei, wie hier Anfang 2016 in Neuss (NRW).
FOTO: DPA Die türkischst­ämmigen „Osmanen Germania“geraten immer wieder in den Fokus der Polizei, wie hier Anfang 2016 in Neuss (NRW).

Newspapers in German

Newspapers from Germany