Gränzbote

Protest gegen das Bier-Patent

Bei Patenten für Braugerste, die Carlsberg und Heineken bekommen haben, läuft heute die Einspruchs­frist ab

- Von Hannes Koch

BERLIN/LEUTKIRCH - Heute wollen Kritiker vor dem Europäisch­en Patentamt (EPA) demonstrie­ren. Die Bierkonzer­ne Heineken und Carlsberg hatten sich Braugerste schützen lassen. Die Gegner argumentie­ren, dass damit der Produktion­sprozess monoplisie­rt würde.

Brauerei-Besitzer Gottfried Härle ist überrascht. „Von einem Patent auf Braugerste höre ich zum ersten Mal.“Er macht sich Sorgen über Schutzrech­te, die die Bier-Konzerne Heineken und Carlsberg zusammen beim Europäisch­en Patentamt (EPA) in München erwirkt haben. „Wenn solche Patente Bestand haben, wäre das ein Skandal“, sagt Härle, Chef der gleichnami­gen Brauerei in Leutkirch (Kreis Ravensburg). Heute läuft die Einspruchs­frist für eines der Patente ab. Deswegen organisier­en die Kritiker, unter anderem das Bündnis „Kein Patent auf Saatgut“und die Arbeitsgem­einschaft Bäuerliche­r Landwirtsc­haft (ABL), einen Protest vor dem Amt. Sie fahren mit einem traditione­llen Bierfuhrwe­rk vor und schenken Freibier aus, allerdings alkolholfr­ei. Die Patente hatten Carlsberg und Heineken bereits 2016 erhalten, ohne dass die Öffentlich­keit und die Branche groß Notiz genommen hatten. Die Schutzrech­te beziehen sich auf die Auswahl zweier natürlich vorkommend­er, zufälliger Mutationen bei Braugerste und deren Kombinatio­n im Rahmen einer konvention­ellen Kreuzung. In der neuen Pflanze fehlen störende Geschmacks­stoffe. Außerdem verbrauche der Brauprozes­s weniger Energie, erklärte Carlsberg.

Momentan dürfen die entspreche­nden Pflanzen nur noch von den beiden Konzernen verwendet werden, es sei denn, diese erlauben andern Firmen die Nutzung gegen die Zahlung von Lizenzgebü­hren. Laut Carlsberg stellt das kein Problem dar, weil die fraglichen Pflanzen nur einen kleinen Anteil am europäisch­en Braugerste­Markt ausmachten.

Brauerei-Chef Härle ist trotzdem alarmiert. Wegen des Reinheitsg­ebots sei Braugerste in nahezu allen einheimisc­hen Bieren enthalten. Verwendet würden 40 bis 50 gängige Sorten. Werde diese Auswahl durch Patentieru­ng verringert, bringe das finanziell­e Nachteile für Brauereien mit sich. „Braugerste muss ein frei zugänglich­er Rohstoff bleiben“, so Härle. „Patente darauf könnten die Entwicklun­g unserer Firma einschränk­en. Das Patentamt sollte nicht dieser Weise den Interessen von Großkonzer­nen folgen.“Heineken und Carlsberg sind nach Anheuser-Busch InBev die größten Bierkonzer­ne der Welt.

Die drei Patente sind bereits in Kraft. Einsprüche haben keine aufschiebe­nde Wirkung. Grundsätzl­ich könnte das Europäisch­e Patentamt die Schutzrech­te aber widerrufen. Ob es dazu kommt, ist fraglich. Derweil läuft ein politische­r Prozess. Nach zehn Jahren öffentlich­er Auseinande­rsetzungen um die Patentieru­ng von Pflanzen und Tieren will die EUKommissi­on eine Karstellun­g der Gesetze erreichen. Biologisch­e Verfahren wie konvention­elle Züchtung und Kreuzung, sowie deren Erzeugniss­e sollen demnach nicht patentierb­ar sein, im Gegensatz zu gentechnol­ogischen Veränderun­gen.

Wie die Mitgliedss­taaten der Europäisch­en Patentorga­nisation, die das Patentamt tragen, diesen Willen umsetzen, wird sich bald zeigen. Christoph Then vom Bündnis „Kein Patent auf Saatgut“fordert, dass auch natürliche Mutationen, wie sie im Fall der Braugerste eine Rolle spielen, nicht geschützt werden dürfen.

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FOTO: DPA Gottfried Härle

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