Gränzbote

Der Aldinger Testturm

Die Feuerwehr kann an ihrem Übungsturm verschiede­nste Szenarien trainieren

- Von Silvia Müller

ALDINGEN - Es ist Samstag Nachmittag, die Sonne scheint vom strahlend blauen Himmel, das Thermomete­r hat die 25 Grad Marke überstiege­n und klettert in Richtung 30 Grad. Dennoch, oder gerade deshalb treffen sich die Mitglieder der Freiwillig­en Feuerwehr Aldingen, um am Übungsturm einige Szenarien zu proben.

Der Übungsturm, das ist eine 14,6 Meter hohe Betonwange. An einer Seite ist eine Metalltrep­pe angebaut, deren Brüstung sich in der Höhe von zwölf Metern befindet. An der anderen Seite sind im Erdgeschos­s eine Metalltüre, im ersten, zweiten und dritten Obergescho­ss jeweils ein Balkon angebaut. Neben den Balkonen sind Fensterrah­men eingebaut. In voller Montur – also mit Schuhen, Hose, Jacke und Helm eines Feuerwehrm­anns – nimmt Sven Heinemann einen Vorstieg in Angriff.

Sicherheit geht vor

Das bewerkstel­ligt er mit einem Gerätesatz Absturzsic­herung. Oliver Keller ist sein Festpunkt, der ihn mit einem Kernmantel-Dynamiksei­l sichert. Sven Heinemann beginnt seinen Vorstieg, indem er am Geländer der Treppe des Übungsturm­s hinauf klettert. Immer wieder bringt er eine Zwischensi­cherung an. Oliver Keller hat seinen Kameraden immer im Blick, damit er ihn im Notfall sichern kann.

„Ein Vorstieg wird nötig, wenn sich zum Beispiel eine hilflose Person auf einem Kran befindet“, erklärt Sven Wagner, der stellvertr­etende Kommandant der Aldinger Feuerwehr. Auch der Abstieg erfolgt umsichtig. Sven Heinemann ist froh, wieder in den Schatten gehen zu können, denn in der Montur empfindet er die Hitze des Nachmittag­es noch stärker.

Eine Schachtret­tung ist die nächste Aufgabe, die den Feuerwehrl­euten gestellt wird. Schachtret­tung bedeutet jedoch nicht nur, dass eine Person in Not aus einem Kanal gerettet werden muss; es kann sich auch um die Rettung aus einem Silo oder einem Tank handeln. Damit die Feuerwehrl­eute die Situation in der Höhe üben können, befindet sich der Schachtdec­kel im dritten Obergescho­ss des Übungsturm­s.

„Verletzter“in luftiger Höhe

Der „Verletzte“, in diesem Fall Michael Ruhnau, liegt in der Schleifkor­btrage und ist mit einem Gurtsystem gesichert. Die Verhältnis­se in dieser luftigen Höhe sind eng und schwierig, so wie es in der Realität auch sein könnte. Die Rettung durch den „Schacht“erfolgt mittels eines Flaschenzu­ges, der an einem „Dreibock“befestigt ist. Das ist, vereinfach­t ausgedrück­t, ein dreibeinig­es Gestell, dessen Beine teleskopie­rbar sind. Somit können Höhenunter­schiede, wie zum Beispiel bei Treppenstu­fen, überwunden werden.

Zudem wird die Schleifkor­b-Trage über ein sogenannte­s Redundanzs­ystem zusätzlich gesichert. Michael Ruhnau ist froh, dass er, nachdem er von seinen Kameraden gerettet worden ist, die Enge der Trage wieder verlassen kann. In der nächsten Lektion ist Florian Ilg an der Reihe. „Hopp hopp hinauf, Schlauchle­itung ziehen“, lautet das Kommando von Sven Wagner.

Im Laufschrit­t eilt Florian Ilg ins dritte Obergescho­ss. Von dort lässt er ein Seil herunter, an dem ein Strahlrohr mit Mastwurf und Halbschlag, mit speziellen Knoten befestigt wird. Zügig, aber umsichtig wird das Strahlrohr nach oben gezogen, im Ernstfall könnte jetzt das Kommando „Wasser marsch!“ertönen.

Auch die Metalltüre bietet Möglichkei­ten zur Übung. Das Öffnen mit dem in der Fachsprach­e genannten „Zieh-Fix“ist an der Reihe. „So etwas müssen wir machen, wenn sich eine hilflose Person im Haus befindet und es keine andere Möglichkei­t gibt, hinein zu gelangen“, erklärt Sven Wagner. „Grundsätzl­ich prüfen wir immer zuerst, ob ein gewaltfrei­er Zugang möglich ist“, sagt Wagner.

An der Metalltüre des Übungsturm­s kann auch die Übung mit dem „Halligan-Tool“, einer speziellen Form des Brecheisen­s, geübt werden. Das kommt im Brandfall zum Einsatz. Ebenso kann der Umgang mit der tragbaren Leiter trainiert werden. „Mit diesem Übungsturm können wir völlig unabhängig viele Situatione­n trainieren, die uns in den Einsätzen begegnen können“, sagt Sven Wagner, „die Feuerwehre­n von Spaichinge­n und Trossingen waren auch schon hier, um zu üben“.

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FOTOS: SILVIA MÜLLER Am Übungsturm der Aldinger Feuerwehr können völlig unabhängig viele verschiede­ne Situatione­n trainiert werden, die den Wehrmänner­n in ihren Einsätzen begegnen können. Er wird daher auch gerne von benachbart­en Feuerwehre­n für Übungen genutzt.
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Auch die Metalltüre bietet Möglichkei­ten zur Übung für die Feuerwehrl­eute.
 ??  ?? Michael Ruhnau wird froh sein, wenn seine „Rettung“gelungen ist und er der engen Schleifkor­b-Trage entsteigen kann.
Michael Ruhnau wird froh sein, wenn seine „Rettung“gelungen ist und er der engen Schleifkor­b-Trage entsteigen kann.
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