Kritik an Ditib nimmt zu
Umgang mit Moscheeverein spaltet Südwest-Kabinett
KÖLN/STUTTGART (epd/lsw) - Der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat seinen Aufruf zur Teilnahme an der heutigen Kundgebung gegen Terror in Köln bekräftigt. „Wir rufen alle auf, sich rege zu beteiligen“, erklärte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek. Derweil steht der türkisch-islamische Verband Ditib wegen seiner Absage für die Demonstration weiter massiv in der Kritik. Dass der größte Islam-Dachverband in Deutschland nicht an der Kundgebung in Köln teilnehmen wolle, sei „einfach schade“, ließ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über ihren Sprecher ausrichten.
Deutlicher wurde der badenwürttembergische Justizminister Guido Wolf (CDU). Seiner Ansicht nach sollte das Land die Zusammenarbeit mit Ditib beenden. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) will dagegen die Türen für den Dialog offenhalten.
Auch Sozial- und Integrationsminister Manfred Lucha (Grüne) widersprach seinem Kabinettskollegen Wolf. Wer ein Ende der Zusammenarbeit fordere, müsse sich darüber klar sein, dass er damit die liberalen Kräfte in der Ditib massiv schwächen und die radikalen Kräfte stärken würde.
KÖLN/BERLIN (dpa) - Vor der an diesem Samstag geplanten Demonstration von Muslimen gegen islamistischen Terrorismus hagelt es Kritik an der Türkisch-Islamischen Union (Ditib). Dass der größte Islam-Dachverband in Deutschland nicht an der Kundgebung in Köln teilnehmen wolle, sei „einfach schade“, ließ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag über ihren Sprecher ausrichten. Die Ditib untersteht der türkischen Religionsbehörde in Ankara. Kritiker sehen in Ditib ein Sprachrohr des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.
Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hätte sich nach eigenen Worten die Beteiligung aller muslimischen Verbände gewünscht. Die geplante Demonstration sei ein „wichtiges Zeichen von Muslimen in die Gesellschaft hinein, dass sie mit dem Terror und dem Missbrauch ihrer Religion durch die Terroristen nichts zu tun haben“, sagte er in Berlin.
Bei dem Friedensmarsch unter dem Motto „Nicht mit uns“wollen Muslime aus ganz Deutschland durch die Kölner Innenstadt ziehen. Die Veranstalter haben bis zu 10 000 Teilnehmer bei der Polizei angemeldet. Dutzende Gruppierungen unterstützen die Aktion, darunter Parteien, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und kirchliche Gruppen. Unter den mehr als 300 Einzelpersonen, die den Aufruf unterzeichnet haben, sind Politiker, Künstler und Wissenschaftler.
Ditib begründete die Absage unter anderem damit, dass es fastenden Muslimen nicht zumutbar sei, „stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und zu demonstrieren“. Generell stellte der Verband fest: „Forderungen nach ,muslimischen’ Anti-Terror-Demos greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den internationalen Terrorismus auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen.“
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, die Ditib drohe nun vollends, ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen. Auch der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sieht in der Absage ein verheerendes Zeichen: „Dass sich die Ditib mit diesem Verhalten weiter isoliert, sehen wir mit sehr großen Sorgen.“Es müsse allen Muslimen daran gelegen sein, gemeinsam mit anderen öffentlich ein Zeichen „gegen die Pervertierung und Instrumentalisierung des Islams“zu setzen.
Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir nannte die Begründung der Absage in der „Berliner Zeitung“„mehr als fadenscheinig“. Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) sprach sich dafür aus, einen verstärkten Dialog mit nichtreligiösen Migrantenverbänden zu führen.
Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Mitinitiatorin der Demonstration, sagte dem jungen „Spiegel“-Portal Bento, der DitibVorstand habe „letztlich auch Wasser auf die Mühlen von Islamhassern geschüttet. Wir wenden uns daher jetzt mit unserem Aufruf an jeden einzelnen Anhänger der Ditib, selbst Verantwortung zu übernehmen.“