Gränzbote

Ein maßvolles Konzept

- Von Sabine Lennartz

Gerechtigk­eit – unter dieser Überschrif­t zieht die SPD mit Martin Schulz in den Wahlkampf. Und was könnte besser über Gerechtigk­eitsfragen Auskunft geben als ein Steuerkonz­ept?

Nun ist es heraus, die SPD plant eine Reichenste­uer. Drei Prozentpun­kte mehr sollen all jene zahlen, die mehr als 250 000 Euro Jahreseink­ommen versteuern müssen. Doch mit dann 48 Prozent Spitzenste­uersatz lägen sie immer noch deutlich unter den 53 Prozent in der Ära Helmut Kohls.

Die SPD ist mit Umsicht vorgegange­n, das ist nach den steuerpoli­tischen Pleiten und Pannen aller Parteien verständli­ch – gleich, ob nun einst Rudolf Scharping Brutto und Netto verwechsel­te oder die CDU ein Steuerkonz­ept auf einem Bierdeckel versprach, aus dem nie etwas wurde.

Die SPD ist jetzt moderat. Entlastung­en für kleinere und mittlere Einkommen und die Abschaffun­g des Solidaritä­tszuschlag­s für Normalverd­iener von 2020 an werden selbst bei der FDP auf Einverstän­dnis stoßen und könnten zudem das Trauerspie­l um den Soli endlich beenden. Denn dass dieser 27 Jahre nach der deutschen Einheit noch irgendwie scheibchen­weise in Betrieb bleiben soll, erschließt sich niemandem. Hier hätte man der SPD den Mut gewünscht, ihn auch für höhere Einkommen sofort abzuschaff­en.

15 Milliarden Euro will die SPD insgesamt im Steuersyst­em umverteile­n, auch indem die Einkünfte aus Kapitalver­mögen wieder nach dem persönlich­en Steuersatz versteuert werden, ein Vorhaben, das für mehr Gerechtigk­eit sorgt. Heikel ist es allerdings, mit Steuermitt­eln Rentenbeit­räge für Kleinverdi­ener zu übernehmen und so das Ungenügen des Solidarsys­tems vor Augen zu führen.

Von Klugheit zeugt es dagegen, die Vermögenst­euer nicht erneut in Angriff zu nehmen. Diese Symbolsteu­er ruht seit 20 Jahren, und man kann nur hoffen, dass der SPD-Parteitag sie nicht wiederbele­bt. Unter dem Strich kann man sich sicher ehrgeizige­re Konzepte als das der SPD vorstellen oder wünschen. Aber schlecht ist es nicht. s.lennartz@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany