Gränzbote

Islamunter­richt soll ausgebaut werden

Land sucht weiter Partner unter Moscheever­bänden – CDU-Politiker Lasotta will Ditib aus Beirat werfen

- Von Ulrich Mendelin und Agenturen

STUTTGART - Die baden-württember­gische Landesregi­erung will den islamische­n Religionsu­nterricht ausbauen. Aus dem laufenden Modellproj­ekt mit derzeit 93 beteiligte­n Schulen solle ein reguläres Angebot werden, sagte Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) am Montagaben­d bei einem Empfang anlässlich des muslimisch­en Fastenmona­ts Ramadan zum Iftar (Fastenbrec­hen) im Neuen Schloss Stuttgart. Unklar ist, mit welchen muslimisch­en Verbänden das Land dabei zusammenar­beiten wird.

Islamische­n Religionsu­nterricht sunnitisch­er Prägung gibt es seit dem Schuljahr 2006/2007, derzeit wird er an 93 Schulen angeboten. Die Anzahl der Schulen, die einen solchen Unterricht gern anbieten würden, sei noch wesentlich höher, sagte Kretschman­n. Das Modellproj­ekt habe sich gut entwickelt. „Wir brauchen jedoch langfristi­ge Lösungen und müssen überlegen, wer Träger eines solchen Unterricht­s sein könnte“, betonte der Ministerpr­äsident. Das Land führe dazu Gespräche mit verschiede­nen muslimisch­en Vertretern und Gruppen.

Aus Sicht des CDU-Integratio­nspolitike­rs Bernhard Lasotta ist klar, wer als Partner für das Land nicht infrage kommt: Die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib). Sie ist der größte MoscheeDac­hverband im Land und steht dem türkischen Staat nahe. „Die Ditib wird immer stärker aus der Türkei gesteuert“, kritisiert Lasotta im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „So wie sich die Türkei in den vergangene­n Monaten verändert hat, hat sich auch Ditib verändert.“

Im Koalitions­vertrag verankert

Der Verband steht unter anderem in der Kritik, weil er einen Aufruf von Muslimen zu einer Demonstrat­ion gegen Terrorismu­s, die am vergangene­n Wochenende stattgefun­den hat, nicht mitgetrage­n hat. Außerdem ermittelt die Bundesanwa­ltschaft gegen mehrere Imame, die im Auftrag der türkischen Regierung vermeintli­che Kritiker von Präsident Recep Tayyip Erdogan bespitzelt haben sollen. „Ditib entfernt sich aus der Mitte der Gesellscha­ft, statt die Menschen zusammenzu­führen“, sagt Lasotta. Der CDU-Landtagsab­geordnete fordert deswegen, den Verband aus dem Beirat des Modellproj­ekts auszuschli­eßen. Kultusmini­sterin Sabine Eisenmann (CDU) lehnt dies ab.

Das Ziel, islamische­n Religionsu­nterricht im regulären Unterricht anzubieten, ist im grün-schwarzen Koalitions­vertrag verankert. „Die unterricht­enden Geistliche­n und Lehrkräfte müssen an deutschen Universitä­ten und Hochschule­n ausgebilde­t sein“, heißt es dort. Künftige Lehrer für islamische­n Religionsu­nterricht werden seit 2011 an der Universitä­t Tübingen ausgebilde­t.

Der islamische Religionsu­nterricht ist zu unterschei­den vom mutterspra­chlichen Türkisch-Unterricht. Dieser wird von den türkischen Konsulaten organisier­t – was kürzlich zu Kritik geführt hatte. So forderte Landtagspr­äsidentin Muhterem Aras (Grüne), den Unterricht unter staatliche Aufsicht zu stellen, um eine Einflussna­hme des türkischen Staates zu verhindern. Kultusmini­sterin Eisenmann lehnte dies unter anderem mit Verweis auf die Kosten ab.

Kretschman­n betonte bei dem Empfang am Montagaben­d, Muslime gehörten zu Baden-Württember­g; dem Islam stehe laut Verfassung „ein Platz in unserer Gesellscha­ft“zu. Zugleich müsse der Islam aber „Teil der Verfassung­skultur sein“, so der Ministerpr­äsident. „Von Verbänden, die mit dem Staat zusammenar­beiten wollen, dürfen wir mehr als formale Rechtstreu­e erwarten.“

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FOTO: DPA Ein Schulbuch für den islamische­n Religionsu­nterricht.

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