Gränzbote

Britische Muslime verurteile­n neue „Attacke auf Freiheit und Toleranz“

Motiv für Angriff mit einem Kleinlaste­r im Londoner Stadtteil Finsbury Park bleibt unklar – Offenbar waren Moscheebes­ucher das Ziel

- Von Jochen Wittmann und dpa

LONDON - Großbritan­nien kommt nicht zur Ruhe: Der vierte Terroransc­hlag in drei Monaten suchte das Land in der Nacht zum Montag heim. Ein Kleinlaste­r raste in eine Menschenme­nge am Londoner Finsbury Park. Ein Toter und elf Verletzte sind die Folge. In der Nacht erklärte Premiermin­isterin Theresa May den Anschlag zu einer Terrortat.

Sie ereignete sich kurz nach Mitternach­t. In der Nähe von Finsbury Park gibt es drei Moscheen. Dort waren gerade die Gebete nach dem täglichen Fastenende im heiligen Monat Ramadan zu Ende gegangen. Deswegen befanden sich viele Muslime auf der Straße. In einer Sackgasse brach ein älterer Mann zusammen, viele eilten zu Hilfe. Das war der Moment, in dem der Anschlag geschah.

So beschrieb ein Augenzeuge die Tat: „Ich war auf meinem Fahrrad drei Wagen hinter dem Kleinlaste­r, der auf die Busspur fuhr. Dann bog er scharf links ab, in diese Sackgasse, in die man gar nicht hineinfahr­en darf. Er raste in die Leute hinein.“Der Laster wurde durch Poller gestoppt, ein weißer Mann in dunklen Shorts sprang heraus und wurde von den aufgebrach­ten Menschen zu Boden geworfen. „Ich will alle Muslime töten“, soll er gerufen haben.

Schnelle Reaktion der Polizei

Die Polizei war in weniger als zehn Minuten am Tatort. Der Imam Mohammed Mahmoud verhindert­e in der Zwischenze­it, dass der mutmaßlich­e Täter gelyncht wurde. „Rührt ihn nicht an“, soll er Männern zugerufen haben, die auf den 47-Jährigen einschluge­n.

Er wurde verhaftet. Der mutmaßlich­e Täter sei vierfacher Vater, hieß es. Wie die BBC berichtete, wuchs der Mann in der westenglis­chen Küstenstad­t Weston-Super-Mare auf.

Noch am Tatort starb der ältere Mann, ob an einem möglichen Herzanfall oder dem Zusammenst­oß mit dem Kleinlaste­r, bleibt vorerst unklar. Elf Menschen sind verletzt, acht von ihnen schwer.

Londons Bürgermeis­ter Sadiq Khan, selbst bekennende­r Muslim, rief nach dem Anschlag zur Ruhe auf: „Die Attacke auf der Westminste­r Bridge, auf der London Bridge und die Attacke in Manchester“, erinnerte er an die jüngsten Anschläge, „sie sind alles Attacken auf die von uns allen geteilten Werte von Freiheit, Toleranz und Respekt. Terrorismu­s ist Terrorismu­s, ob er nun von Islamismus gespeist wird oder von anderen Formen der ‚Inspiratio­n‘ ausgeht.“

Die Stimmung im Finsbury Park ist angespannt. Viele Muslime fühlen sich unsicher, andere sind jedoch verärgert, weil sie denken, dass sie selbst unter Generalver­dacht stehen. „Solch ein Anschlag wird die Spaltung in unserer Gesellscha­ft nur noch erhöhen“, sagte eine junge Muslimin, sichtlich aufgewühlt.

Premiermin­isterin May leitete am Montag eine Krisensitz­ung des Notfallkom­itees „Cobra“. Die Behörden gingen davon aus, dass der Tatverdäch­tige alleine gehandelt habe, sagte sie. Sein Motiv war zunächst unklar, Waffen hatte er nach Angaben der Polizei nicht dabei. Ihm wird zur Last gelegt, terroristi­sche Handlungen vorbereite­t zu haben.

Zudem wurde eine Wohnung in der Region Cardiff durchsucht. Dabei soll es sich um das Haus des Attentäter­s handeln.

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FOTO: DPA Ein Lieferwage­n als Waffe: Das Vorgehen des mutmaßlich­en Täters in Finsbury Park erinnert an frühere Anschläge.

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