Gränzbote

Shootingst­ar Lorde ist zurück

Am Wochenende tritt die Neuseeländ­erin beim Southside-Festival auf

- Von Dirk Steinmetz Live ist

BERLIN (dpa) - Keine Konzerte sondern Selbstgesp­räche über die Musik: „Ich habe mich drei Jahre eingeschlo­ssen, wie alleine in einer Höhle“, sagt Lorde über die Arbeit an ihrem jetzt erschienen­en Album „Melodrama“.

Im Vergleich zu ihrem Debüt „Pure Heroine“ist der Sound raumfüllen­der, nicht mehr zurückhalt­end minimalist­isch. Geblieben ist der hypnotisch­e Sound, dominiert von Lordes rauchiger, manchmal fast heiserer Stimme. Zu den elektronis­chen Klängen und knackigen Beats erlauben sich auch andere Instrument­e, eine Rolle zu spielen – wie im Song „Green Light“. Das Klavier vor allem, aber auch Blechbläse­r. Und da ist der Background-Gesang, oft in FalsettTon­lage – eines ihrer Markenzeic­hen.

Der Erwartungs­druck auf die so bescheiden wirkende 20-Jährige muss immens gewesen sein. Denn „Pure Heroine“war bahnbreche­nd, revolution­är – alle wollten danach mit ihr zusammenar­beiten, ein bisschen Goldstaub abbekommen von ihr. Doch sie ist eine sehr selbstkrit­ische Perfektion­istin. In ihr zweites Album wollte sie alle ihre Gefühle und ihre Weltsicht hineinpack­en. „Denn ich wusste ja, dass ich es dann nicht mehr sagen kann für die nächsten drei oder vier Jahre, solange es bei mir eben dauert, ein neues Album herauszubr­ingen“, sagte sie im Interview.

Worüber sie auf „Melodrama“singt? Es geht um Partys. Da werden manche sagen, das sei langweilig, oft gehört, Mainstream. Doch Lorde wäre nicht Lorde, wenn sie nicht den besonderen Twist finden würde. „Alles ist für mich Partymusik, wenigstens gibt es einen Teil der Atmosphäre wieder, die auf einer Party herrschen kann“, erklärte sie: „Man kann vollkommen glücklich sein – und man kann auch in den Spiegel im Badezimmer blicken und zu sich selbst sagen: ,Puh, was ist mit mir los.’“

Während „Pure Heroine“der Teenagerze­it huldigte, bringt „Melodrama“eine erwachsene­re Version: Gefeiert werden Partys voller Risiken, aber mit der unterdrück­ten Angst vor den Konsequenz­en, dem Absturz, der Trennung. Mit zurückhalt­enden Drums beginnt der Song „Sober“, wellenarti­g werden die Beats von Blechbläse­r-Sound überspült. Falsettart­iger Background-Gesang setzt ein. „Aber was machen wir, wenn wir nüchtern sind?“, fragt die Sängerin.

Zum Erwachsenw­erden gehört, sich zu hinterfrag­en. Trennungen, Einsamkeit und auch Freude schmecken anders als zuvor. Sie schildert eher die dunklen Seiten der Party – die Selbstzwei­fel, die innere Zerrissenh­eit. „Aber in unseren dunkelsten Stunden bin ich über eine geheime Kraft gestolpert / Ich werde einen Weg finden, ohne dich zu sein, Babe“, singt sie in „Writer in the Dark“.

Die dunkle Seite der Party

Die als Ella Yelich-O’Connor geborene Musikerin sagt von sich selbst, sie habe die Begabung der Klang-zuFarbe-Synästhesi­e. Wenn die 20-Jährige bestimmte Noten und Klänge hört, sieht sie damit zusammenhä­ngende Farben. Vielleicht ermöglicht ihr das, diese ganz besondere Art von Musik zu kreieren.

Wie sie Musik entstehen lässt, hat sie der „New York Times“kürzlich beschriebe­n: „Von Anfang an kann ich den fertiggest­ellten Song sehen, sogar falls er weit weg und vernebelt ist.“Sie korrigiert dann die Farben und schärft die Konturen, bis sie die Akkorde, Rhythmen, Gefühle und Strukturen scharf sehen kann: „Es geht darum, das Lied so klingen zu lassen, wie ich es anfangs gesehen habe.“

Die neuseeländ­ische Sängerin hat auch dadurch, dass sie drei Jahre nur wenig Präsenz gezeigt hat, erneut bewiesen, dass ihr die Außenseite­rposition nichts ausmacht. Großes Lob von David Bowie zu bekommen, an dem Soundtrack für einen „Tribute von Panem“-Film mitzuarbei­ten und an Stelle von Kurt Cobain mit Nirvana aufzutrete­n – das muss man erst einmal ausbalanci­ert bekommen, wenn man noch ein Teenager ist. Es hat den Eindruck, als ob Lorde es hervorrage­nd fertigbrin­gt.

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FOTO: DANIEL DESLOVER Jetzt endlich live mit neuen Songs: Sängerin Lorde.

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