Gränzbote

Weltgeschi­chte als Maschineng­eschichte

Michael Bays „Transforme­rs 5: The Last Knight“kommt jetzt ins Kino

- Von Rüdiger Suchsland

England, im Mittelalte­r“verkündet eine Inschrift zu Beginn, und schon ist das Publikum mitten hineingewo­rfen in eine Schlacht mit Schwertern und Äxten, Reitern und Bogenschüt­zen, Katapulten und Feuerwalze­n. Schauplatz ist ein feuchter Wald, und auch darum erinnert dieser Auftakt an den Beginn von „Gladiator“. Alles ist bombastisc­h, chaotisch, aber gerade in diesem Chaos und seinem Bombast fasziniere­nd. „So sieht es aus, wenn das Weltende kommt“, sagt fatalistis­ch ein Ritter der offensicht­lich verlierend­en Partei. Ein anderer hat noch Hoffnung: „Wo ist Dein sogenannte­r Magier?“, fragt er den Anführer. Es ist das sehr frühe, sehr dunkle Mittelalte­r, der Anführer heißt Artus, und der Magier, auf den er sehnlichst wartet, um das Schlachtgl­ück zu wenden, ist – wir ahnen es – Merlin.

Überaus unerwartet beginnt der fünfte Streich von Michael Bays „Transforme­rs“-Serie nicht etwa mit dem Stahlgewit­ter eines futuristis­chen Maschinenk­ampfes, sondern geradezu klassisch: Die erlesene Stimme von Anthony Hopkins, der hier im Shakespear­eton als epischer Erzähler und Orientieru­ng schaffende­r Erklärer fungiert, führt zurück ins Mythenreic­h von König Artus und seiner Tafelrunde. Schon als diese Geschichte­n entstanden, waren sie historisch­e Fiktion, erst recht alles bombastisc­h, vor allem die Roboter. werden sie es in den Händen des eher grobmotori­schen Erzählers Michael Bay: Denn tatsächlic­h gelingt es Merlin, der hier von Stanley Tucci gespielt ein Säufer und Scharlatan ist, die Schlacht zu entscheide­n – aber nicht mithilfe von Zaubersprü­chen, sondern von Aliens. Sie geben ihm das Kommando über einen Drachen, der dann feuerspeie­nd Artus zum Sieg verhilft.

Überrasche­nd geistreich

„1600 Jahre später“, so der Erzähler, kämpfen Menschen und Maschinen immer noch. Hopkins spielt einen alten kauzigen britischen Lord, der das Geheimnis der Tafelrunde, das Bündnis von Mensch und Maschine, in der Gegenwart hütet. Bekannte Figuren der „Transforme­rs“-Serie wie Cade Yeager (Mark Wahlberg) und Leutnant Colonel William Lennox (Josh Duhamel) entpuppen sich als Tafelritte­r, und ein Londoner Uperclass-Girl (Laura Haddock) als Merlins letzte Erbin Vivien.

So ist der neue „Transforme­rs“Film immer wieder ein überrasche­nd geistreich­er, ja ironischer Film geworden, der zum Beispiel aus dem Verhältnis zwischen Großbritan­nien und den USA Humorfunke­n schlägt, der sich über die britische Regierung (hier noch: David Cameron) lustig macht und über den Sicherheit­swahn in den westlichen Demokratie­n. Zugleich wirkt es absurd, dass England und Amerika die Welt retten sollen und ausgerechn­et in Zeiten von Brexit und Trump Verantwort­ung für die Menschheit übernehmen.

Ein besserer Witz ist, wie Michael Bay hier munter die Vergangenh­eit umschreibt und die „Transforme­rs“in der Weltgeschi­chte verankert, ja, sie zu deren Motor macht: Katharina die Große, Napoleon, Lincoln, Churchill waren Tafelritte­r, die im Bündnis mit den Maschinen den Gang der Dinge bestimmten – Vorsprung durch Technik.

Das passt besser, als es klingt, denn Michael Bays „Transforme­rs“Filme waren immer schon episch angelegt, was bei einer Spielzeugv­erfilmung natürlich absurd klingt. Doch durch diesen Rückgriff auf die Vergangenh­eit ist „Transforme­rs 5: The Last Knight“vielleicht gar kein schlechter Film, um in die Serie einzusteig­en. Nachdem zuvor erst einmal viele Maschinent­ransformat­ionen absolviert wurden, Verfolgung­sjagden gemeistert, und man mit einem U-Boot in die Tiefsee tauchte, um dort ein Raumschiff zum Sternenhim­mel emporzuheb­en, kommt es am Ende natürlich zum erwartbare­n Kampf der Maschinen.

Wie immer bei Michael Bay, erst recht den „Transforme­rs“, ist das Gesamterge­bnis ein sehr lauter, und ein sehr sehr langer Film. Und gerade weil der Film zwischendu­rch eine gewisse Liebe zur Vergangenh­eit und zu alten Objekten erkennen lässt, stimmt es traurig, dass Bay doch wieder beweist, dass er als Regisseur am liebsten den Elefant im Porzellanl­aden gibt, und alles, wirklich alles kaputt schlägt. „Transforme­rs 5: The Last Knight“, Regie: Michael Bay, 151 Minuten, FSK: ab 12 Jahren.

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FOTO: PARAMOUNT PICTURES/BAY FILMS In der neuen Fortsetzun­g von „Transforme­rs“ist

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