Gränzbote

Minister wollen Lehrer aufs Land locken

Kleine Grundschul­en finden zu wenige Bewerber – Eisenmann und Hauk steuern gegen

- Von Kara Ballarin

STUTTGART - Der Lehrermang­el ist in Baden-Württember­g ein landesweit­es Problem. Ländliche Gebiete trifft er aber besonders hart. Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann und Peter Hauk, Minister für den ländlichen Raum (beide CDU), versuchen gegenzuste­uern. Und sie geben Kommunen Tipps, wie sie etwa Lehrer aus Bayern anlocken können.

„Wir haben ganz klar ein Bewerberpr­oblem“, sagt Eisenmann. „Wir stellen auch fest, dass der Wunsch, in den ländlichen Raum zu gehen, geringer ist als in die Stadt.“Am härtesten sind die kleinen Grundschul­en auf dem Land betroffen – 800 der 2400 Grundschul­en im Land haben weniger als 100 Schüler. „Das ist auch aus pädagogisc­hen Gesichtspu­nkten ein Problem“, sagt Eisenmann. Fällt ein Lehrer aus, gibt es kaum Vertretung. Zudem ist der fachfremde Unterricht dort höher. Fachfremde­r Unterricht gilt als einer der Gründe, warum Baden-Württember­g in den jüngsten Vergleichs­studien weit abgesackt ist.

„Es gibt aber kein Schließung­skonzept der Landesregi­erung für kleine Grundschul­en“, betont Eisenmann. In den nächsten Wochen will sie ein Paket an Maßnahmen vorstellen, um den Lehrermang­el auf dem Land zu mildern. Um die Inhalte geht es auch im Kabinettsa­usschuss ländlicher Raum, den ihr Ministerko­llege Peter Hauk ins Leben gerufen hat. „Wir werden nämlich auch im kommenden Schuljahr auf einen weiteren Mangel zulaufen“, prognostiz­iert Eisenmann. Aktuell sind 1700 Lehrerstel­len unbesetzt.

Schulen suchen Lehrer selbst

Manche Maßnahmen sind schon in Kraft. So können Schulen auf dem Land zum Teil alle Lehrerstel­len selbst ausschreib­en – und die Stellen mitunter schon im Dezember für das kommende Schuljahr vergeben – nicht erst über das Hauptaussc­hreibeverf­ahren ab Frühjahr. Das erhöht die Planungssi­cherheit für diese Schulen, „aber für die Verwaltung ist das eine Herausford­erung“, so Eisenmann, schließlic­h gehe ihr damit Flexibilit­ät bei der Lehrereins­tellung verloren.

Da vor allem kleine Grundschul­en kaum Schulleite­r finden, soll dieser Posten gestärkt werden. Eisenmann schwebt vor, die Schulleite­r zu entlasten, etwa über Verwaltung­sassistent­en. Auch sei angedacht, die Leiter von Grundschul­en besser zu bezahlen – entweder über eine andere Besoldungs­klasse, oder durch Zulagen. Ein Rektor solch einer Schule wird nach Tarif A12 bezahlt und bekommt lediglich einen Zuschlag von rund 180 Euro brutto – insgesamt etwa 2000 Euro weniger als der Leiter eines Gymnasiums. „Aber was wir umsetzen werden, hängt auch vom Geld ab“, so Eisenmann, der bald Gespräche mit Finanzmini­sterin Edith Sitzmann (Grüne) für den Doppelhaus­halt 2018/2019 bevorstehe­n.

In diesen Gesprächen will Eisenmann dafür kämpfen, Lehrerstel­len zu erhalten. Eigentlich ist vorgesehen, dass nach 630 Stellen 2017 in den kommenden beiden Jahren weitere 640 Stellen wegfallen sollen. „Dieser Abbaupfad beruht auf einer Falschanna­hme, nämlich auf weniger Schülern, als wir tatsächlic­h haben“, sagt sie. „Der Stellenabb­au ist ein falsches Signal. Es ist eine falsche Zahl zur falschen Zeit. Mein Ziel ist es, den Abbaupfad auszusetze­n und den Bedarf neu zu prüfen.“

Unterricht­en statt verwalten

Auch im eigenen Haus will Eisenmann Ressourcen freimachen. Von den etwa 120 000 Lehrern im Land sind etwa zehn Prozent an die Verwaltung abgeordnet. „Ich will Kollegen zurück ins System bringen, da ist Luft drin“, sagt Eisenmann. Vorschläge hierzu erwartet sie vom Landesrech­nungshof, der derzeit die Kultusverw­altung durchleuch­tet.

Ländliche Kommunen ermutigt Eisenmann, auch selbst aktiv zu werden in der Lehrerwerb­ung. Sie können sich etwa in den Lehrersemi­naren vorstellen, können vergünstig­ten Wohnraum anbieten, erklärt die Kultusmini­sterin, die derzeit auch den Vorsitz in der Kultusmini­sterkonfer­enz der Länder führt. Die Länder haben beschlosse­n, sich gegenseiti­g keine Lehrer abzuwerben. Auch wenn jüngst das Land Berlin in Stuttgart um Lehrer geworben habe, sehr zu ihrem Ärger, sagt sie: „Ich wäre froh, wenn der Abwerbe-Stopp hält, sonst gibt es einen Überbietun­gswettbewe­rb.“In allen Ländern gebe es einen Mangel, nur Bayern verzeichne einen Überschuss. Sie selbst werde nicht aktiv, aber: „Kommunen könnten ja in grenznahen bayerische­n Zeitungen ihre Stellen ausschreib­en“, sagt Eisenmann.

Derlei Tipps wollen sie und Minister Hauk den Menschen auf dem Land auch bei öffentlich­en Veranstalt­ungen geben. Eine mit dem Titel „Gemeinsam den ländlichen Raum stark halten“beginnt heute um 19.30 Uhr in der Mehrzweckh­alle in Untermarch­tal im Alb-DonauKreis.

 ?? FOTO: DPA ?? 1700 Stellen für Pädagogen in Baden-Württember­g sind derzeit unbesetzt.
FOTO: DPA 1700 Stellen für Pädagogen in Baden-Württember­g sind derzeit unbesetzt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany