Justizminister streiten um Auswertung von Mautdaten
Vorstoß aus der baden-württembergischen CDU stößt auf Proteste aus anderen Bundesländern
STUTTGART - Justizminister Guido Wolf (CDU) hat eine bundesweite Debatte darüber ausgelöst, ob die Polizei Mautdaten nutzen darf, um schwere Straftaten aufzuklären. Einen entsprechenden Vorstoß machte Wolf vor einem Treffen der Justizminister aller Bundesländer im pfälzischen Deidesheim, das am Mittwoch begonnen hat. Dafür erntete er Kritik von seinem rheinland-pfälzischen Amtskollegen Herbert Mertin (FDP). Die Grünen in Baden-Württemberg zeigten sich skeptisch, sind aber gesprächsbereit.
Anlass für Wolfs Vorstoß ist unter anderem der Fall der in Endingen ermordeten Joggerin. Der mutmaßliche Täter wurde auch deshalb überführt, weil die österreichischen Behörden ihre Mautdaten durchsuchten. In Deutschland dürfen Ermittler das derzeit nicht. Die Kennzeichen von Lkw werden automatisch erfasst und gespeichert. Sie dürfen aber nur genutzt werden, um den Speditionen Mautkosten in Rechnung zu stellen.
Dass will Wolf nun ändern. „Bei genau bezeichneten Kapitalverbrechen erscheint es durchaus erwägenswert, den Ermittlungsbehörden den eng begrenzten Zugriff auf Mautdaten zu gestatten“, sagte Minister Guido Wolf (CDU). Das Thema beschäftigt auch die Justizministerkonferenz. „Ich könnte mir vorstellen, den Zugriff ausschließlich bei schwersten Straftaten nach einer richterlichen Entscheidung zu erlauben“, erklärte Wolf.
Der Vorsitzende der Justizministerkonferenz Mertin lehnt diesen Vorstoß ab: „Als die Maut eingeführt wurde, wurde Stein und Bein geschworen, dass die Daten nur zu Abrechnungszwecken verwendet werden sollen.“Er warnte: „Diesen Schwur von damals gegenüber den Bürgern will man jetzt brechen.“
Die Zusage hatte damals auch der jetzige Innenminister Thomas Strobl (CDU) unterstützt. Heute ist er anderer Meinung und befürwortet die Auswertung von Mautdaten zur Verbrechensbekämpfung. Seinen Sinneswandel erklärte er am Mittwoch in einer Landtagsdebatte so: „Wenn sich die Welt ändert, kann sich auch die Politik ändern.“Die oppositionelle FDP überzeugte das nicht, sie wirft Strobl Scheinheiligkeit vor.
Grüne sind skeptisch
Strobls Koalitionspartner in Stuttgart sind ebenfalls nicht überzeugt von der Mautdaten-Auswertung. Sie verweisen auf die Zusage des Bundes, Mautdaten eben nicht für etwas anderes als die Abrechnung zu nutzen. „Wir fühlen uns daran gebunden. Da kann man die Bürger jetzt nicht hinterrücks betrügen und etwas anderes machen“, sagte HansUlrich Sckerl (Grüne) im Landtag. Doch man dürfe durchaus im Jahr 2017 darüber nachdenken, ob Spielregeln von 2002 noch gelten. Deshalb seien sie bereit, mit Wolf über dessen Vorstoß zu diskutieren.
Die Grünen waren in Sachen Datenschutz zuletzt selbst in die Kritik geraten. Mitarbeiter ihres Verkehrsministers Winfried Hermann wollten prüfen lassen, ob man in Stuttgart KfZ-Kennzeichen erfassen könnte – um zu kontrollieren, ob Fahrverbote bei Feinstaubalarm eingehalten werden. Nach Bekanntwerden des Vorhabens versicherte man eilig, eine Umsetzung sei nie geplant gewesen.