Im Schlaf vergiftet
43-Jähriger soll seinen Sohn heimtükisch getötet haben – Schlüsselloch und Lüftung zugeklebt
ULM - Ein 43-jähriger Mann aus Munderkingen (Alb-Donau-Kreis) muss sich seit Mittwoch wegen Mordes vor dem Landgericht Ulm verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Industriemechaniker vor, seinen sechsjährigen Sohn im vergangenen Juli mithilfe eines Holzkohlegrills im Schlaf vergiftet zu haben. Am ersten Verhandlungstag wurde lediglich die Anklage verlesen, nach nur wenigen Minuten schloss der Vorsitzende Richter Gerd Gugenhan die Sitzung wieder.
Ganz in Schwarz gekleidet mit gesenktem Kopf betrat zuerst die Mutter des getöteten Jungen an der Seite ihrer Anwältin den Sitzungssaal 126 des Landgerichts. Sie tritt im Prozess als Nebenklägerin auf. Kurz darauf wurde ihr inzwischen geschiedener Ehemann an Händen und Füßen gefesselt von zwei Vollzugsbeamten hereingeführt. Mit einem roten Aktenordner verdeckte der 43-Jährige dabei sein Gesicht vor den anwesenden Fotografen und Kameraleuten.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Vater am Abend des 10. Juli seinen arglosen Sohn ins Bett brachte, mit dem Plan eines sogenannten erweiterten Suizides, erklärte Staatsanwalt Oliver Chama. Denn bevor sich der Mann selbst zu dem Kind legte, entzündete er einen Holzkohlegrill. Mit dem aufsteigenden Kohlenmonoxid wollte er sich und seinen Jungen vergiften. Damit das geruchlose Gas im Raum bleibt und nicht entweichen kann, soll der Angeklagte das Schlüsselloch und einen Lüftungsschacht mit Klebeband zugeklebt haben. „Außerdem entfernte er die Batterien aus dem Rauchmelder“, erklärte Chama. „Damit hat der Angeklagte heimtückisch einen Menschen ermordet“, so Chama.
Der Kindstötung war ein Rechtsstreit zwischen den getrennt lebenden Eltern vorausgegangen. Bei diesem ging es darum, wo der Junge, der zur damaligen Zeit bei seinem Vater in Munderkingen wohnte, künftig Leben sollte. Bei dem Verfahren wurde festgestellt, dass es dem Kindeswohl entspreche, wenn der Sechsjährige künftig bei seiner Mutter lebt. „Damals hat der Vater erklärt, dass er mit dieser Regelung einverstanden ist“, so der Staatsanwalt.
Dennoch sei anschließend in dem Mann der Gedanke gereift, dass er ohne seinen Sohn nicht leben könne und auch nicht die Kraft habe, für eine Besuchsregelung zu kämpfen. So habe er beschlossen, sich das Leben zu nehmen. Weil er aber davon ausging, dass das Kind bei seiner Mutter nicht gut aufgehoben sein würde und wohl auch, um sich an seiner geschiedenen Frau für das Sorgerechtsverfahren zu rächen, habe der 43-Jährige dann beschlossen, auch den Sechsjährigen zu töten.
Mutter findet ihren Sohn
Gefunden wurden der leblose Sechsjährige und sein bewusstloser Vater am Abend des 13. Juli von seiner Mutter und einem Bekannten. Zeugen hatten sich zuvor bei der Frau gemeldet. Sie hatten den Jungen seit Tagen nicht mehr gesehen.
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Kind bereits in der Nacht auf den 11. Juli an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben war. Der Vater hingegen konnte gerettet werden. In der Untersuchungshaft verschlechterte sich der Gesundheitszustand des Mannes aufgrund der erlittenen Gasvergiftung rapide. Er wurde zum Pflegefall, so dass der Haftbefehl aufgehoben wurde und er im Justizkrankenhaus Hohenasperg behandelt wurde. Lange war nicht klar, ob der 43-Jährige je wieder verhandlungs- und haftfähig werden würde. Zum Jahreswechsel 2016/2017 verbesserte sich sein Gesundheitszustand aber wieder so sehr, dass er aus der Reha-Maßnahme wieder in Untersuchungshaft genommen werden konnte.
Am Mittwoch äußerte sich der Angeklagte nicht zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Er ließ aber über seinen Verteidiger Thorsten Strop verkünden, dass der Anwalt zu Beginn des nächsten Verhandlungstages eine Einlassung seines Mandanten verlesen werde.