Walter Kohl bleibt draußen vor der Tür
Familienstreit überschattet das Totengedenken – Zudem gibt es Querelen über die Trauerfeier für den Altkanzler
BERLIN - Das offizielle Trauerzeremoniell für den verstorbenen Altkanzler Helmut Kohl birgt Konfliktpotenzial. Und auch der Familienstreit zwischen Kohls Sohn Walter und der Witwe Maike Kohl-Richter hat sich verschärft.
Bilder vom Sohn des Altkanzlers mit den Enkeln, die sich vor dem Privathaus in Oggersheim am Mittwoch vergeblich um Einlass bemühten, zeigen wie tief die Abgründe in der seit Jahren tobenden Familienfehde im Haus Kohl auch über den Tod hinaus sein müssen. Die drei warteten minutenlang, aber die Haustür blieb zu. Ein Polizist forderte sie daraufhin auf zu gehen – Helmut Kohl hatte den Kontakt zu seinen Kindern abgebrochen. Sohn Walter macht die Witwe seines Vaters für das Drama verantwortlich. Deren Anwalt und Kohl-Vertraute Stephan Holthoff-Pörtner wirft dagegen dem Sohn eine öffentliche Inszenierung bis hin zum Eklat vor.
Auch auch auf politischer und protokollarischer Ebene gibt es Streit: Nach den Vorstellungen der Witwe des Altkanzlers habe Kanzlerin Merkel nicht beim Staatsakt in Straßburg reden sollen, berichtete das Magazin „Der Spiegel“. Dieser Bericht wurde von Anwalt Holthoff-Pörtner dementiert. Laut „Spiegel“hat Maike KohlRichter den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban als Redner vorgeschlagen. Ihre Vorstellungen von Ablauf und Teilnehmerliste der Gedenkveranstaltung hätten einen offiziellen Staatsakt in Deutschland unmöglich gemacht, hieß es. Erst nachdem Vertraute des Altkanzlers eindringlich vor einem Eklat gewarnt hätten, sei die Witwe davon abgerückt, auf Orban statt Merkel als Redner zu bestehen.
Steinmeier hält keine Rede
Ungewöhnlich ist auch, dass Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nicht bei dem Trauerakt für Kohl redet. Steinmeier hatte 1998 im Zuge des Regierungswechsels als Kanzleramtschef Kohl und der Vorgängerregierung vorgeworfen, in großem Stil Akten gelöscht zu haben. Ein Sonderermittler konnte dies jedoch später nicht bestätigen. Kohl-Richter weigere sich daher, mit Steinmeier zu sprechen, lehne ihn als Redner ab, heißt es aus der Unionsfraktion. „Allen Beteiligten ist vollkommen klar, welch singulär große Rolle Helmut Kohl bei zwei entscheidenden politischen Aufgaben der vergangenen Jahrzehnte gespielt hat – der europäischen Einigung und der deutschen Einheit“, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert am Mittwoch und versuchte, die Wogen zu glätten.
Der Trauerakt im Europäischen Parlament in Straßburg soll am 1. Juli stattfinden. Der Sarg des Altkanzlers soll während der zweistündigen Zeremonie mit einer Europafahne bedeckt werden und schließlich per Hubschrauber zurück nach Ludwigshafen und von dort nach Speyer überführt werden. Dort soll im Dom das Requiem stattfinden.