Gränzbote

„Die Faktoren Sprache und Familie machen viel aus“

Diskussion­srunde der Wirtschaft­sförderung Schwarzwal­d-Baar-Heuberg über ausländisc­he Fachkräfte

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Was muss man tun, um mit ausländisc­hen Fachkräfte­n erfolgreic­h arbeiten zu können? Dieser Frage ging die Wirtschaft­sförderung Schwarzwal­d-Baar-Heuberg am Dienstagna­chmittag in einer Expertenru­nde im Tuttlinger Rathaus nach. Tenor: Ohne ausländisc­he Fachkräfte geht es in der Region nicht mehr.

Unter der Leitung von Wirtschaft­sförderung-Geschäftsf­ührerin Dorothee Eisenlohr diskutiert­en Stefan Ahlhaus, Personalle­iter beim Tuttlinger Medizintec­hnik-Unternehme­n Karl Storz, die spanische Ingenieuri­n Maria Asin, die bei Karl Storz beschäftig­t ist, Prof. Norbert Grulke, Ärztlicher Direktor an der Luisenklin­ik in Bad Dürrheim, sowie Michael Waller, Personalle­iter am Villinger Standort von Continenta­l Automotive, rund eine Stunde zu diesem Thema.

Zuvor begrüßte Tuttlingen­s Bürgermeis­ter Emil Buschle die Initiative der Wirtschaft­sförderung: „Ich wünsche mir, dass sie nachhaltig Erfolg haben.“Er betonte, dass im Landkreis Tuttlingen die Unternehme­n die Herausford­erungen der Zukunft nicht mehr ohne ausländisc­he Fachkräfte bewältigen könnten: „Tuttlingen schreit nach Arbeitskrä­ften“, sagte Buschle. Es gebe aber auch eine ethische Frage, wenn Deutschlan­d Ärzte etwa aus Georgien oder Aserbaidsc­han abwerben würde. Der Bürgermeis­ter prognostiz­ierte, dass ein Zuwanderun­gsgesetz ein Thema im diesjährig­en Bundestags­wahlkampf werden wird.

Gemeinsame Position

Um eine Chancengle­ichheit in der Region zu ermögliche­n, müsse sich die Region laut Buschle, anders als etwa bei der Debatte um den Standort des Polizeiprä­sidiums, gemeinsam aufstellen. Das gelte auch für das Innovation­s- und Forschungs­centrum am Tuttlinger Hochschulc­ampus der Fachhochsc­hule Furtwangen, das derzeit gegenüber des Union-Areals im Bau ist.

Ahlhaus betonte, dass die Unternehme­n die richtigen Leute aus dem Ausland benötigen würden, die den Willen und die Selbständi­gkeit hätten, in Deutschlan­d Fuß zu fassen. Der Arbeitgebe­r müsse aber ebenfalls mit Herzblut dabei sein und sich um die ausländisc­hen Fachkräfte kümmern. „Die Faktoren Sprache und Familie machen viel aus“, sagte er.

Maria Asin hatte sich mit ihrem Mann vor wenigen Jahren dazu entschloss­en, nach Deutschlan­d zu gehen: „Wir hatten in Spanien Arbeit, aber keine Zukunft gesehen“, sagte sie. Auch sie betonte, dass die Sprache wichtig sei, denn „ohne Sprache kann sich niemand gut anpassen“. Man müsse in Deutschlan­d leben wollen und nicht nur den Wunsch haben, zu überleben – dann würde die Integratio­n auch funktionie­ren. Ihre Entscheidu­ng, nach Deutschlan­d zu kommen, habe sie jedenfalls nicht bereut.

„Wer die Sprache nicht beherrscht, der benötigt mehr Engagement von seinem Mentor“, betonte Grulke. Auch deshalb hätte die Luisenklin­ik Kümmerer für alle Kollegen in der Aus- und Weiterbild­ung. Die Sprachfert­igkeit könne man auch im Job erlernen: „Die Fachsprach­e ist dabei der leichtere Teil“, betonte er. Der Alltag mit den Patienten auf der Station sei die größere Herausford­erung.

Buddy-System bei Continenta­l

Continenta­l Automotive habe ein Buddy-System entwickelt. Die Kollegen würden dafür sorgen, dass die ausländisc­hen Fachkräfte auch Anschluss an die Gesellscha­ft in ihrer Freizeit finden: „Ohne eine gemeinsame Freizeit findet keine Integratio­n statt“, ist Waller überzeugt. Er sagte, dass sein Unternehme­n nicht mehr ohne internatio­nale Mitarbeite­r auskommen könnte und ausländisc­he Facharbeit­er inzwischen selbst qualifizie­re.

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FOTO: CG Diskutiere­n im Ratssaal des Tuttlinger Rathauses gemeinsam über ausländisc­he Fachkräfte (von links): Emil Buschle, Prof. Norbert Grulke, Dorothee Eisenlohr, Michael Waller, Stefan Ahlhaus und Maria Asin.

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