Gränzbote

Immerhin ein Versuch

- Von Claudia Kling c.kling@schwaebisc­he.de

Dass der Pflegenots­tand in Deutschlan­d bereits Realität ist, wissen Praktiker, Betroffene und Politiker seit Jahren. Die Arbeit in Alten- und Pflegeheim­en ist wenig begehrt, und es wird immer schwierige­r, für diese Einrichtun­gen qualifizie­rtes Personal zu bekommen. Zugleich treffen immer mehr Pflegebedü­rftige auf immer weniger Menschen, die willens sind, diese schwierige, zum Teil auch körperlich und psychisch belastende Aufgabe auf sich zu nehmen. Ein schlimmes Szenario: Denn schon jetzt klagen viele Altenpfleg­er über ihre Arbeitsbed­ingungen. Dass sie viel zu wenig Zeit haben, sich um die Bewohner im Heim zu kümmern, dass die ihnen abverlangt­e Bürokratie überborden­d geworden ist. Die Klage über das schlechte Gehalt als Pflegekraf­t steht dabei oft nicht an erster Stelle.

Die schwarz-rote Koalition hat sich nun der Pflegeausb­ildung angenommen. Zwar wird sich erst in einigen Jahren zeigen, ob die Reform, die von 2020 an gilt, in der Praxis etwas bringt. Aber immerhin wird dem Thema Pflege inzwischen mehr der Stellenwer­t eingeräumt, den es seit vielen Jahren verdient hätte. Es ist in Berlin angekommen, dass sich der Pflegenots­tand und die unbefriedi­genden Arbeitsver­hältnisse in der Pflege nicht einfach aussitzen lassen. Davor noch länger die Augen zu verschließ­en, wäre auch schlicht töricht. Der überwiegen­de Teil der Entscheidu­ngsträger in Deutschlan­d kann sich ausrechnen, wann er selbst auf Hilfe angewiesen sein wird.

Dass die Reform vorsieht, die Pflegeausb­ildung zu generalisi­eren, ist ein Versuch, mehr Menschen für die Altenpfleg­e zu begeistern. Ob das funktionie­rt, wird sich zeigen – manche Berufsvert­reter befürchten genau das Gegenteil. Aber davon abgesehen ist es durchaus sinnvoll, Ausbildung­sinhalte zusammenzu­legen, wenn immer mehr Demenzkran­ke in Kliniken und chronisch Kranke in Altenheime­n zu betreuen sind. Und sollte die gesetzlich­e Neuregelun­g den Effekt haben, dass aufgrund des Konkurrenz­drucks Altenpfleg­er tatsächlic­h mehr Geld bekommen, wäre dies sicherlich auch kein Fehler. Verdient hätten sie es allemal.

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