Der Pfleger wird zum Alleskönner
Neue Ausbildungsstruktur soll Azubis auf ihren Einsatz in Altenheimen und Kliniken gleichermaßen vorbereiten
BERLIN - Der Bundestag hat am Donnerstag die Reform der Pflegeberufe auf den Weg gebracht. Die drei bisherigen Ausbildungsgänge – Kinderkrankenpflege, Krankenpflege und Altenpflege – sollen zu einem zusammengeführt werden. In Zukunft wird es eine dreijährige Fachkraftausbildung geben, mit Unterricht an Pflegeschulen und praktischer Ausbildung etwa in Heimen oder Krankenhäusern. Die neue Berufsbezeichnung lautet „Pflegefachfrau“und „Pflegefachmann“.
In dieser neuen allgemeinen Ausbildung werden Qualifikationen zur Pflege von Menschen aller Altersgruppen (in Krankenhäusern, Pflegeheimen und ambulant) vermittelt. Ziel ist es auch, die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Pflegebereichen zu erhöhen. Pflegefachfrauen und -männer sollen demnach auch in Krankenhäusern oder Altenheimen arbeiten dürfen.
Pflegeschüler lernen dabei die ersten beiden der insgesamt drei Ausbildungsjahre gemeinsam. Im dritten Jahr können sie sich für den allgemeinen Abschluss entscheiden oder sich auf die Alten- oder die Kinderkrankenpflege spezialisieren. Das neue System soll nach sechs Jahren auf den Prüfstand gestellt werden. Wenn sich mehr als 50 Prozent für die allgemeine Ausbildung entscheiden, sollen die Spezialisierungen abgeschafft werden.
Verlangt wird eine zehnjährige allgemeine Schulbildung. Mit Hauptschulabschluss nach der 9. Klasse ist ein Einstieg über die Ausbildungen zum Pflegeassistenten oder -helfer möglich. Die Neuerungen gelten für alle Ausbildungen, die nach dem 1. Januar 2020 begonnen werden.
Pflege als Studiengang
Ergänzend zum neuen Modell soll ein neues berufsqualifizierendes Pflegestudium angeboten werden. Bisher gab es dafür nur Pilotprojekte. Die Standards der Studiengänge sollen nun vereinheitlicht werden. Der Pflegebedarf sei komplexer geworden, ebenso der technische und wissenschaftliche Fortschritt in der Pflege, argumentiert die Bundesregierung. Das Studium soll mindestens drei Jahre dauern und mit der Verleihung eines akademischen Grades enden. Nach den Plänen der Regierung sollen die Länder die PflegeHochschulausbildung bezahlen.
Die Reform verursacht Mehrkosten von 322 Millionen Euro, unter anderem durch eine bessere Ausstattung der Pflegeschulen. Bislang haben die Ausbildungskosten für die Pflegeberufe jährlich rund 2,4 Milliarden Euro betragen. Die Mittel sollen aus regionalen Ausgleichsfonds erbracht werden, in die Krankenhäuser (57 Prozent), Pflegeeinrichtungen (30 Prozent), Länder (9,0 Prozent) und gesetzliche Pflegeversicherung (3,6 Prozent) einzahlen. Pflegeanbieter und Kliniken, die ausbilden, sollen eine Bonuszahlung aus dem Fonds erhalten.
Darüber hinaus wird das Schulgeld, das bis zuletzt in einigen Ländern noch üblich war, abgeschafft. Mit der Reform soll die Pflegeausbildung für die Azubis komplett kostenfrei werden. Die Bundesregierung setzt darauf, dass im Zuge der Änderungen sowohl die Ausbildungsvergütungen als auch die Bezahlung steigen – insbesondere vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels in der Pflege.
Derzeit werden Pfleger noch sehr unterschiedlich bezahlt. In Ostdeutschland liegt der Bruttoverdienst eines Altenpflegers im Schnitt bei 1945 Euro, im Westen bei 2568 Euro. Das ging zuletzt aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) hervor. Es gibt große regionale Unterschiede in der Bezahlung: Ein Altenpfleger in Niedersachsen erhält fast 500 Euro weniger im Monat als in NordrheinWestfalen.
Die Bezüge von Krankenpflegern in Deutschland sind im Schnitt bis zu 30 Prozent höher als bei Altenpflegern. Ziel ist, dass durch die Reform Wettbewerb entsteht und die Löhne in der Altenpflege steigen.