Gränzbote

Ende mit Schrecken

Omira-Bauern stimmen mit überwältig­ender Mehrheit dem Notverkauf ihrer Molkerei zu

- Von Benjamin Wagener

WEINGARTEN - Es war ein allerletzt­er Akt der Rebellion, ein verzweifel­ter Versuch, doch noch jemanden für die strategisc­hen Fehler verantwort­lich zu machen, die die Ravensburg­er Molkerei Omira in existenzie­lle Schieflage gebracht hat. Die Vertreter der 2419 Milchbauer­n, die das Unternehme­n noch einige wenige Wochen besitzen werden, stimmten mit knapper Mehrheit gegen die Entlastung von Omira-Chef Ralph Wonnemann – und sprachen dem Manager damit klar und unmissvers­tändlich ihr Misstrauen aus.

Allerdings kassierten die Obmänner der Omira das Misstrauen­svotum sofort wieder – und verwandelt­en es in einen eindrucksv­ollen Vertrauens­beweis. Denn nur kurz darauf stimmten die Bauernvert­reter auf der Versammlun­g im oberschwäb­ischen Weingarten mit überwältig­ender Mehrheit dem von Wonnemann ausgehande­lten Plan zu, ihre Molkerei an die französisc­he LactalisGr­uppe zu verkaufen. 97,8 Prozent des stimmberec­htigten Kapitals der Genossensc­haft billigte die Übernahme durch den 17,3-Milliarden­Euro-Konzern, der im Gegenzug eine Milchpreis-Garantie für zehn Jahre aussprach. Bis Ende 2027 zahlt Lactalis den Omira-Bauern den bayerische­n Durchschni­ttspreis für ihre Milch. Der Preis für die Molkerei beläuft auf 27 Millionen Euro. „Stand heute gehen wir davon aus, dass davon die Geschäftsa­nteile an die Bauern vollständi­g zurückgeza­hlt werden“, sagte Wonnemann der „Schwäbisch­en Zeitung“.

Die Molkerei geriet seit der Jahrtausen­dwende mehr und mehr unter Druck – nicht zuletzt weil das Unternehme­n seine Abhängigke­it von der Produktion von Milchpulve­r nie entscheide­nd verringern konnte und es versäumte, im Bereich Käse (gelbe Linie) und bei Milch, Quark und Joghurt (weiße Linie) starke Marken aufzubauen. In den Jahren 2012 und 2013 sank der Preis für Milchpulve­r und stürzte die Omira in die Krise. Wonnemann löste seinen Vorgänger Wolfgang Nuber ab und stabilisie­rte das Unternehme­n – die Eigenständ­igkeit konnte aber auch er nicht erhalten: 2016 sackte das Milchpulve­r erneut ab und beendete alle Pläne, die Neuausrich­tung ohne Großinvest­or zu stemmen.

„Das Emotionale war schon lange vorbei, wir mussten rational entscheide­n“, sagte ein Milchbauer aus dem Landkreis Ravensburg. „Es gab keine Alternativ­e“, ergänzt ein anderer Landwirt, „sonst wären wir Bankrott gewesen.“Die Stimmung bei den Bauern, die die Versammlun­g verließen, schwankte zwischen Gefassthei­t und Freude darüber, dass ihre Geschäftsa­nteile von rund 25 Millionen Euro durch den Verkauf an Lactalis wohl gesichert sind.

„Die Übernahme sichert die Omira-Standorte in Neuburg an der Donau und Ravensburg“, sagt Wonnemann. „ Zudem will Lactalis die Marke Minus L europaweit vermarkten und die Regionalma­rke Omira stärken.“Nun muss das Kartellamt dem Deal zustimmen, dann kann Lactalis im September anfangen zu investiere­n. Ralph Wonnemann will da als Geschäftsf­ührer der künftigen Lactalis weiter dabei sein. „Der Job, der vor mir liegt, ist nicht kleiner geworden, der Umbau beginnt erst jetzt.“

Ein Umbau, der die Schwächen endlich beenden soll, die die Omira am Donnerstag zum Teil eines französisc­hen Konzerns gemacht haben. Warum der Omira-Chef im Verkauf an Lactalis die einzige Chance für die Molkerei sieht, erklärt er im Video-Interview online unter www.schwaebisc­he.de/omira

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FOTO: DPA Eine Fahne der Oberland-Milchverwe­rtung Ravensburg (Omira) weht vor den Milchpulve­rtürmen in Ravensburg: Die Vertreter der 2419 Bauern haben am Donnerstag der Übernahme durch Lactalis zugestimmt.

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