Ende mit Schrecken
Omira-Bauern stimmen mit überwältigender Mehrheit dem Notverkauf ihrer Molkerei zu
WEINGARTEN - Es war ein allerletzter Akt der Rebellion, ein verzweifelter Versuch, doch noch jemanden für die strategischen Fehler verantwortlich zu machen, die die Ravensburger Molkerei Omira in existenzielle Schieflage gebracht hat. Die Vertreter der 2419 Milchbauern, die das Unternehmen noch einige wenige Wochen besitzen werden, stimmten mit knapper Mehrheit gegen die Entlastung von Omira-Chef Ralph Wonnemann – und sprachen dem Manager damit klar und unmissverständlich ihr Misstrauen aus.
Allerdings kassierten die Obmänner der Omira das Misstrauensvotum sofort wieder – und verwandelten es in einen eindrucksvollen Vertrauensbeweis. Denn nur kurz darauf stimmten die Bauernvertreter auf der Versammlung im oberschwäbischen Weingarten mit überwältigender Mehrheit dem von Wonnemann ausgehandelten Plan zu, ihre Molkerei an die französische LactalisGruppe zu verkaufen. 97,8 Prozent des stimmberechtigten Kapitals der Genossenschaft billigte die Übernahme durch den 17,3-MilliardenEuro-Konzern, der im Gegenzug eine Milchpreis-Garantie für zehn Jahre aussprach. Bis Ende 2027 zahlt Lactalis den Omira-Bauern den bayerischen Durchschnittspreis für ihre Milch. Der Preis für die Molkerei beläuft auf 27 Millionen Euro. „Stand heute gehen wir davon aus, dass davon die Geschäftsanteile an die Bauern vollständig zurückgezahlt werden“, sagte Wonnemann der „Schwäbischen Zeitung“.
Die Molkerei geriet seit der Jahrtausendwende mehr und mehr unter Druck – nicht zuletzt weil das Unternehmen seine Abhängigkeit von der Produktion von Milchpulver nie entscheidend verringern konnte und es versäumte, im Bereich Käse (gelbe Linie) und bei Milch, Quark und Joghurt (weiße Linie) starke Marken aufzubauen. In den Jahren 2012 und 2013 sank der Preis für Milchpulver und stürzte die Omira in die Krise. Wonnemann löste seinen Vorgänger Wolfgang Nuber ab und stabilisierte das Unternehmen – die Eigenständigkeit konnte aber auch er nicht erhalten: 2016 sackte das Milchpulver erneut ab und beendete alle Pläne, die Neuausrichtung ohne Großinvestor zu stemmen.
„Das Emotionale war schon lange vorbei, wir mussten rational entscheiden“, sagte ein Milchbauer aus dem Landkreis Ravensburg. „Es gab keine Alternative“, ergänzt ein anderer Landwirt, „sonst wären wir Bankrott gewesen.“Die Stimmung bei den Bauern, die die Versammlung verließen, schwankte zwischen Gefasstheit und Freude darüber, dass ihre Geschäftsanteile von rund 25 Millionen Euro durch den Verkauf an Lactalis wohl gesichert sind.
„Die Übernahme sichert die Omira-Standorte in Neuburg an der Donau und Ravensburg“, sagt Wonnemann. „ Zudem will Lactalis die Marke Minus L europaweit vermarkten und die Regionalmarke Omira stärken.“Nun muss das Kartellamt dem Deal zustimmen, dann kann Lactalis im September anfangen zu investieren. Ralph Wonnemann will da als Geschäftsführer der künftigen Lactalis weiter dabei sein. „Der Job, der vor mir liegt, ist nicht kleiner geworden, der Umbau beginnt erst jetzt.“
Ein Umbau, der die Schwächen endlich beenden soll, die die Omira am Donnerstag zum Teil eines französischen Konzerns gemacht haben. Warum der Omira-Chef im Verkauf an Lactalis die einzige Chance für die Molkerei sieht, erklärt er im Video-Interview online unter www.schwaebische.de/omira