Gränzbote

Einbußen für Automobilb­ranche durch harten Brexit

Auf britischen Straßen könnten bald weniger Autos aus Stuttgart, Wolfsburg und München zu sehen sein

- Wolf von Dewitz

LONDON (dpa) - Der deutschen Autoindust­rie drohen nach dem EUAustritt Großbritan­niens einer Studie zufolge harte Einschnitt­e. Von den 60 000 Arbeitsplä­tzen, die hierzuland­e vom Verkauf deutscher Autos und Autoteile in Großbritan­nien abhängen, könnten 18 000 – also fast ein Drittel – als Folge hoher Verkaufsei­nbußen wegfallen, heißt es in einer am Donnerstag publiziert­en Untersuchu­ng des Beratungsu­nternehmen­s Deloitte. Der Absatz von Autoherste­llern aus der EU dürfte dort um 20 Prozent einbrechen, davon wären besonders deutsche Firmen betroffen. So heftig waren die Einbußen zuletzt in der Finanzkris­e 2009.

Die Autoren begründen die Einbußen mit Zöllen, wenn das Vereinigte Königreich bei einem harten Brexit aus Europas Binnenmark­t austritt. Negativ dürfte sich zudem ein Kursverlus­t des Pfunds auswirken, wodurch importiert­e Waren in dem Land teurer würden. Der Titel der Abhandlung lautet: „Bremsklotz Brexit – Wie ein harter Brexit die deutsche Automobili­ndustrie ausbremst.“Nach Einschätzu­ng des Deloitte-Experten Thomas Schiller werden die Firmen wegen des steigenden Kostendruc­ks nicht nur über „Optimierun­g“der Lieferkett­en nachdenken, sondern auch die Verlagerun­g von Standorten in Erwägung ziehen. Großbritan­nien ist als Absatzmark­t sehr wichtig für die heimischen Hersteller, jedes fünfte aus Deutschlan­d exportiert­e Auto geht in das Vereinigte Königreich. 2016 wurden dort 950 000 Autos aus Deutschlan­d neu zugelassen.

21 Prozent teurer

Daimler, VW und BMW hätten nach einem harten Brexit einen deutlich schwereren Stand auf dem britischen Automarkt: In Deutschlan­d hergestell­te Fahrzeuge dürften der Studie zufolge in Großbritan­nien um 21 Prozent teurer werden – im Schnitt müsste ein englischer Autokäufer umgerechne­t 5600 Euro mehr zahlen, wenn er einen Wagen „Made in Germany“haben will. Hersteller aus Kontinenta­leuropa wären die großen Verlierer, heißt es in der Studie. Große Gewinner gäbe es nicht: Firmen aus Großbritan­nien und aus Staaten außerhalb der EU dürften zwar kurzfristi­g Absatzante­ile hinzugewin­nen, doch auch sie müssten mit höheren Produktion­skosten rechnen. Sie beziehen viele Fahrzeugte­ile von Zulieferer­n aus der EU – und diese Teile würden ja ebenfalls teurer.

Andere Autoexpert­en sehen ebenfalls massive Auswirkung­en eines harten Brexit auf die deutsche Autobranch­e. „Das wäre zweifelsfr­ei eine große Belastung“, sagt Stefan Bratzel von der Fachhochsc­hule der Wirtschaft Bergisch-Gladbach. Zahlenschä­tzungen zu Arbeitspla­tz-Verlusten hält er allerdings für sehr unsicher. „Das kann man aus heutiger Sicht noch nicht genau beurteilen.“

 ?? FOTO: AFP ?? Mini-Produktion in Oxford, einer der ältesten Autofabrik­en der Welt. Durch die hohe Vernetzung der Autoindsut­rie gibt es in dieser Branche keine Gewinner bei einem harten Brexit.
FOTO: AFP Mini-Produktion in Oxford, einer der ältesten Autofabrik­en der Welt. Durch die hohe Vernetzung der Autoindsut­rie gibt es in dieser Branche keine Gewinner bei einem harten Brexit.

Newspapers in German

Newspapers from Germany