Gränzbote

Couscous-Salat unterm Arm, Dosenbier unter dem anderen

Besucher des Southside-Festivals reisen zu Tausenden an – Lange Warteschla­ngen am Bahnhof

- Von Sabine Krauss

TUTTLINGEN - Meistens geht es am Tuttlinger Bahnhof ruhig und beschaulic­h zu. Doch einmal im Jahr herrscht dort der Ausnahmezu­stand – nämlich dann, wenn an einem Tag zwischen geschätzte­n 8000 bis 9000 Festivalbe­sucher mit Sack und Pack zum Southside-Festival in Neuhausen ob Eck anreisen. Nur ein ausgeklüge­ltes System verhindert das Chaos.

15.19 Uhr am Tuttlinger Bahnhof: Mit fünfminüti­ger Verspätung kommt der Zug aus Stuttgart an. Hunderte überwiegen­d junge Fahrgäste drängen sich aus den Türen und stürmen unter den Augen zahlreiche­r Sicherheit­skräfte durch die Bahnhofsun­terführung hinauf in die Halle. Bei den Absperrgit­tern vor dem Bahnhofsge­bäude heißt es Warten. Warten auf einen der zahlreiche­n Shuttle-Busse, die nahezu ununterbro­chen vor dem Bahnhof eintreffen und das partyfreud­ige Volk zum Festivalge­lände transporti­eren. „Wir sind jetzt seit über einer Stunde da, aber den nächsten Bus kriegen wir“, erzählen Philipp, Niklas und Maria aus dem schweizeri­schen Aargau, die gemeinsam mit weiteren Klassenkam­eraden ihren Schulabsch­luss auf dem Southside-Festival feiern wollen. Ihrer guten Laune tut die Warterei keinen Abbruch. Einige haben vorsorglic­h schon einmal Lautsprech­er und Boxen mit dabei, um sich lautstark auf die anstehende­n Konzerte einzustimm­en.

„Es läuft alles ganz routiniert ab“, berichtet Jens Keucher, Geschäftsf­ührer des Verkehrsve­rbunds TUTicket. Bis zu 20 Busse pendeln zu Spitzenzei­ten zwischen dem Tuttlinger Bahnhof und dem Gelände in Neuhausen. 60 Prozent all derjeniger, die per Bahn anreisen, werden bereits am Donnerstag erwartet. „Ich habe das Gefühl, dass dieses Jahr mehr los ist, als im vergangene­n Jahr um diese Zeit“, blickt der TUTicket-Chef auf die Schlangen im Warteberei­ch.

Schwierig wird es dann, wenn die Züge Verspätung haben und der auf die Ankunftsze­iten abgestimmt­e Bus-Plan durcheinan­derkommt. „Dann kann es schon mal zu einem Rückstau kommen“, meint Keucher. Zahlreiche Sicherheit­skräfte und Polizeibea­mte sind im Einsatz, um Gedränge zu verhindern. Zivil-Fahnder des Zolls nehmen die Anreisende­n ins Visier und bitten manch einen zu einer genaueren Untersuchu­ng.

Schwerbepa­ckt sind die meisten der Anreisende­n. Rucksack auf dem Rücken, die Schüssel Couscous-Salat unterm Arm, Paletten mit Dosenbier unterm anderen – und vom Leiterwage­n über Buggys bis hin zur Mülltonne ist als Transportm­ittel alles vertreten. „Viele haben extrem sperriges Gepäck mit dabei“, sagt Keucher, als ein Security-Mann einer jungen Frau hilft, ihr verschnürt­es Zelt samt Pavillon in den Bus zu hieven.

Auch Hannah und Maxime aus Biberach reisen schwerbepa­ckt an. „Wir hoffen auf ein paar tolle Tage und darauf, dass das Festival nicht wieder evakuiert wird“, erzählen die beiden 17-Jährigen, wie sie im vergangene­n Jahr die Unwetter-Nacht im Auto verbringen mussten.

Doch nicht nur die Festivalbe­sucher sind es, die sich freuen: Am Rande des Trubels haben Ibrahim und Moussa alle Hände voll zu tun. Die beiden Schwarzafr­ikaner, die seit drei Jahren in Deutschlan­d leben, hoffen an diesem Wochenende auf den großen Gewinn. Mit Einmalhand­schuhen ausgestatt­et stecken sie fleißig Pfandflasc­hen und -dosen in große Plastiksäc­ke. Ein Freund habe ihnen gesagt, sie könnten an diesem Wochenende bis zu 400 Euro verdienen.

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Rund 8000 bis 9000 Festivalbe­sucher sind am Donnerstag am Bahnhof in Tuttlingen angekommen.
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FOTOS: SABINE KRAUSS

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