Kretschmann für Einwanderungsgesetz
Im Herbst startet der Ministerpräsident mit der CDU eine Bundesratsinitiative
STUTTGART - Winfried Kretschmann sorgt für Schlagzeilen. Ein online verbreitetes Video vom Bundesparteitag der Grünen, das BadenWürttembergs Ministerpräsidenten dabei zeigt, wie er über seine Parteikollegen der Grünen und ihr Ziel, 2030 keine Autos mit Verbrennungsmotoren mehr zuzulassen, schimpft, hat viel Wirbel ausgelöst. Für den Regierungschef gibt es dieser Tage jedoch wichtigere Themen. Im exklusiven Interview mit der „Schwäbischen Zeitung“möchte sich der 69Jährige nicht zur aktuellen Debatte äußern. Generell jedoch stellt er klar, dass die Grünen noch immer seine politische Heimat seien. „Ich habe sie ja mal mitbegründet“, sagt er. „Zur Heimat gehört eben auch Streit, aber zivilisierter Streit hält eine Gesellschaft zusammen.“
Debatten bei den Grünen gibt es auch darüber, dass Realpolitiker Kretschmann, der in Stuttgart mit der CDU regiert, unter anderem Abschiebungen abgelehnter Asylbewerber nach Afghanistan mitträgt. Für Proteste junger Parteifreunde hat er durchaus Verständnis. Allerdings erklärt Kretschmann: „Der Ministerpräsident von Baden-Württemberg kann die Welt nicht retten. Das führt manchmal zu Spannungen wegen enttäuschter Erwartungen.“Zugleich erinnert er daran, dass die Bundesrepublik beim Thema Flüchtlinge außergewöhnlich reagiert habe. „Immerhin sind wir in Deutschland das Land mit der liberalsten und humansten Flüchtlingspolitik“, sagt Kretschmann. Außerdem arbeite er jeden Tag im Amt an „kleinen Verbesserungen hin zum Besseren“.
Dazu zählt für den Stuttgarter Regierungschef, dass nach der im September anstehenden Bundestagswahl endlich die Bemühungen für ein Einwanderungsgesetz vorangetrieben werden. „Die, die nicht verfolgt werden, müssen in ihre Heimat zurückkehren“, erklärt Kretschmann im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“, „auch, wenn wir ihre Motive nachvollziehen können – etwa Flucht aus Armut.“Flüchtlinge nehme Deutschland „in einem humanitären Akt auf“, Einwanderung hingegen betreffe jene, „die wir benötigen und die über legale Wege kommen“. Für sie benötige das Land neue Regeln, „für die brauchen wir ein Einwanderungsgesetz“.
Auch im Sinne der Wirtschaft sei dies dringend geboten. „Die Demografie schlägt bereits richtig zu. Überall fehlen Fachkräfte: im Gastgewerbe, im Handwerk, in der Pflege. Nur mit einem Einwanderungsgesetz können wir den Druck auf das Asylsystem rausnehmen“, glaubt der Ministerpräsident. Kretschmann hat hierfür auch bereits einen konkreten Plan: Baden-Württemberg werde eine Bundesratsinitiative für das Einwanderungsgesetz starten. Mit dem Stuttgarter Koalitionspartner, der CDU, sei er sich darüber bereits einig, sogar über den Termin. Es soll nach der Bundestagswahl im Herbst geschehen. „Vorher“, sagt Winfried Kretschmann, „macht es einfach keinen Sinn.“