Der Beckenboden verdient mehr Aufmerksamkeit
Urologen-Kongress diskutiert Behandlung von Funktionsstörungen
Angaben bei Verordnung für Einlagen beachten
DÜSSELDORF (dpa) - Für Inkontinenzhilfen übernehmen die Krankenkassen einen Teil der Kosten. Jedoch nur, wenn Betroffene eine ärztliche Verordnung haben, informiert die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Darin sollten folgende Angaben nicht fehlen: die Diagnose, die Bezeichnung des verordneten Artikels und die benötigte Menge. Seit März gelten neue Vorgaben der gesetzlichen Krankenkassen. Sie sollen eine bessere Versorgung mit Inkontinenzhilfen sicherstellen. So gilt unter anderem: Vertragspartner müssen über eine Telefonhotline und einen Bringdienst verfügen, sowie die Einlagen unverzüglich in neutralen Kartons ohne Aufdruck liefern.
Auch bei Blasenschwäche muss man viel trinken
BONN (dpa) - Menschen mit Blasenschwäche trinken häufig zu wenig – aus Angst, ständig zur Toilette gehen zu müssen. Sie sollten aber täglich zwischen 1,5 und 2 Liter Wasser zu sich nehmen, heißt es im Ratgeber „Mit der Blasenschwäche leben“der Deutschen Seniorenliga. Trinkt jemand zu wenig, ist der Urin, den die Nieren produzieren, sehr stark konzentriert. Das kann die Blase zusätzlich reizen. Die Folge: Der Betroffene muss dann noch häufiger auf die Toilette gehen.
Auch Rezepte haben ein Verfallsdatum
BAIERBRUNN (dpa) - Stellt ein Arzt ein Rezept für Tabletten aus, sollte der Patient es bald einlösen. Das rosafarbene Kassenrezept ist ab dem Datum der Ausstellung vier Wochen lang gültig, erklärt die „Apotheken Umschau“(Ausgabe 6/2017 B). Eine Verordnung für Physiotherapie muss innerhalb von zwei Wochen eingelöst werden. Betäubungsmittel, die auf gelbem Rezept verschrieben werden, dürfen nur binnen acht Kalendertagen in der Apotheke abgeholt werden. Bekommt jemand im Krankenhaus ein Rezept, muss er es sogar innerhalb von drei Tagen einlösen. BERLIN (sz) - Funktionsstörungen im Blasen- und Beckenbodenbereich sind weitverbreitet. Sie reichen von Blasenentleerungsstörungen über ungewollten Urinverlust bis hin zu Schmerzen in Becken und Rücken. Von den Patienten und Patientinnen als besonders unangenehm empfunden wird eine Harninkontinenz.
Das Gefühl, die eigene Blase nicht mehr kontrollieren zu können, geht mit einem hohen Leidensdruck einher. Eine von drei Frauen hat in ihrem Leben das Risiko an einer Belastungsinkontinenz zu erkranken. Eine von neun Frauen erkrankt an einer sogenannten Senkung ihres inneren Genitales (Prolaps). Zu den häufigsten Auslösern einer Belastungs- oder Dranginkontinenz sowie einer Prolapserkrankung bei Frauen zählen degenerative Veränderungen, Entzündungen, Geburtsschädigungen, Übergewicht sowie eine zunehmende Lebenserwartung. Bei Männern spielt neben dem Alter meist eine Operation der Prostata die bedeutende Rolle bei der Entstehung einer Harninkontinenz.
Wenn konservative Behandlungen nicht mehr helfen, finden betroffene Männer und Frauen Hilfe in Form moderner Behandlungsmaßnahmen, die zugleich schonend und effektiv sind. Laut Pressemitteilung des Urologenportals wurde noch vor wenigen Jahren aufwendig operiert. Heute reicht meist ein minimalinvasiver Eingriff aus. Bewährt hat sich unter anderem der Einsatz suburethraler Bänder, etwa aus Polypropylen. Der Beckenboden ist dabei mit einem Trampolin vergleichbar: Nur wenn eine ausreichende Spannung vorhanden ist, kann er richtig funktionieren.
„Die synthetischen Bänder, die mithilfe eines kleinen Schnittes beziehungsweise Einstichs in den Beckenboden eingesetzt werden, ersetzen die erschlafften Halte- und Stützbänder des Beckenbodens und stellen so die verloren gegangene Elastizität und Spannkraft wieder her“, erklärt Alfons Gunnemann, der auf dem 69. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie e.V. (DGU) in Dresden zu diesem Thema referieren wird. „Nicht nur, dass der Eingriff für Patienten deutlich schonender ist. Ein Vorteil ist auch die gute Haltbarkeit der Bänder.“
Neben suburethralen Bändern kann Betroffenen auch ein künstlicher Blasenschließmuskel helfen. Dieser kommt hauptsächlich bei Männern zum Einsatz. Hierbei kann man mithilfe einer in den Hodensack eingebrachten Pumpe eine um die Harnröhre gelegte Manschette öffnen und schließen und so den Harnabfluss kontrollieren.
„Harninkontinenz betrifft viele Patienten und Patientinnen und ist ein wichtiges Thema, dem Aufmerksamkeit geschenkt werden muss“, sagt DGU- und Kongresspräsident Professor Tilman Kälble, „denn die Betroffenen haben nur einen Wunsch: wieder ein unbeschwertes Leben zu führen.“
Doch nicht nur die Behandlung der Inkontinenz steht im Fokus. Thematisiert werden auch die Möglichkeiten, dem ungewollten Harnabgang regelmäßige Beckenbodengymnastik vorzubeugen. Neben gezieltem Beckenbodentraining und der Vermeidung von Übergewicht spielen dabei Maßnahmen wie die Elektrostimulation und die Betrachtung des Hormonstatus eine tragende Rolle.
Fächerübergreifender Austausch
„Der Beckenboden gehört zu den vernachlässigten Organen. Ihm sollte deutlich mehr Aufmerksamkeit geschenkt werden“, fordert Alfons Gunnemann. „In der Medizin gibt es zwar kein Allheilmittel, aber sehr gute Behandlungsmöglichkeiten. Um jedem Patienten und jeder Patientin die passende Therapie zu ermöglichen, kommt es daher auf einen fachübergreifenden Austausch und die Zusammenarbeit zwischen Urologen, Gynäkologen und Coloproktochirurgen an.“
69. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Urologie in Dresden vom 20. bis 23. September 2017 steht unter dem Motto: „Urologie. Für alle. Für jeden. Für uns.“